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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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die Weiber behandelte er mit einer Feinheit
und Achtung, die ihnen vorher nicht in dem
Grade bewiesen wurden, und die sie nicht mit
Undank aufnahmen; gegen seine Diener- und
Unterthanenschaft betrug er sich mit Güte und
Schonung; seine politischen Ueberzeugungen
waren dem größesten Theile seiner Landsleute
zwar neu, erregten aber noch nicht ihre Er-
bitterung gegen ihn, weil er sie mit Behut-
samkeit, und mehr im Tone des Rathgebers,
als des Rechthabers, vortrug, und weil er
überhaupt in der ersten Zeit noch keine eifer-
suchterregende politische Rolle in seinem Vater-
lande spielte.

Bey dem großen Vorrathe von neuen
Kenntnissen und Begriffen, die er im Auslan-
de gesammlet hatte, für die er aber in seinem
Vaterlande weder Erweiterung noch auch Nah-
rung fand, war es natürlich, daß er einen
Kreis um sich zu bilden suchte, in welchem er
seine neuen Genüsse zum Theil wieder finden
konnte. Schon damals ging er vorzüglich gern

die Weiber behandelte er mit einer Feinheit
und Achtung, die ihnen vorher nicht in dem
Grade bewieſen wurden, und die ſie nicht mit
Undank aufnahmen; gegen ſeine Diener- und
Unterthanenſchaft betrug er ſich mit Guͤte und
Schonung; ſeine politiſchen Ueberzeugungen
waren dem groͤßeſten Theile ſeiner Landsleute
zwar neu, erregten aber noch nicht ihre Er-
bitterung gegen ihn, weil er ſie mit Behut-
ſamkeit, und mehr im Tone des Rathgebers,
als des Rechthabers, vortrug, und weil er
uͤberhaupt in der erſten Zeit noch keine eifer-
ſuchterregende politiſche Rolle in ſeinem Vater-
lande ſpielte.

Bey dem großen Vorrathe von neuen
Kenntniſſen und Begriffen, die er im Auslan-
de geſammlet hatte, fuͤr die er aber in ſeinem
Vaterlande weder Erweiterung noch auch Nah-
rung fand, war es natuͤrlich, daß er einen
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ſeine neuen Genuͤſſe zum Theil wieder finden
konnte. Schon damals ging er vorzuͤglich gern

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[125/0135] die Weiber behandelte er mit einer Feinheit und Achtung, die ihnen vorher nicht in dem Grade bewieſen wurden, und die ſie nicht mit Undank aufnahmen; gegen ſeine Diener- und Unterthanenſchaft betrug er ſich mit Guͤte und Schonung; ſeine politiſchen Ueberzeugungen waren dem groͤßeſten Theile ſeiner Landsleute zwar neu, erregten aber noch nicht ihre Er- bitterung gegen ihn, weil er ſie mit Behut- ſamkeit, und mehr im Tone des Rathgebers, als des Rechthabers, vortrug, und weil er uͤberhaupt in der erſten Zeit noch keine eifer- ſuchterregende politiſche Rolle in ſeinem Vater- lande ſpielte. Bey dem großen Vorrathe von neuen Kenntniſſen und Begriffen, die er im Auslan- de geſammlet hatte, fuͤr die er aber in ſeinem Vaterlande weder Erweiterung noch auch Nah- rung fand, war es natuͤrlich, daß er einen Kreis um ſich zu bilden ſuchte, in welchem er ſeine neuen Genuͤſſe zum Theil wieder finden konnte. Schon damals ging er vorzuͤglich gern

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/135>, abgerufen am 24.11.2024.