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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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gabe, die es in dem ganzen Gebiete der Poli-
tik geben kann. Es käme dabey nicht bloß dar-
auf an, das Land, das man Polen nennt, und
die Menschen, die Polen heißen, zu verändern
und zu verbessern, sondern man müßte zugleich
drey der mächtigsten Staaten in Europa, ihrer
physischen Lage, ihren Kräften, ihren Verfas-
sungen, und ihrem politischen Jnteresse nach,
gänzlich umwandeln. Wer das erstere unter-
nehmen wollte, ohne das letztere zu vermögen,
würde vielleicht viel Einbildungskraft und Un-
ternehmungsgeist, aber wenig Erfahrung und
Ueberlegung anzeigen.

Wenn der Charakter der polnischen Ver-
fassung Unordnung ist, so ist die Folge davon
Schwäche. Da die angränzenden Mächte durch
diese Schwäche stark werden, so verlangt es
ihr Vortheil, sie zu verewigen; und da jeder
Schritt zur Ordnung ein Schritt zur Stärke
seyn würde, so will ihre Sicherheit, daß sie
ihn verhüten. Nach diesen Grundsätzen hat
man Polen seit einem Jahrhundert behandelt,

H 2

gabe, die es in dem ganzen Gebiete der Poli-
tik geben kann. Es kaͤme dabey nicht bloß dar-
auf an, das Land, das man Polen nennt, und
die Menſchen, die Polen heißen, zu veraͤndern
und zu verbeſſern, ſondern man muͤßte zugleich
drey der maͤchtigſten Staaten in Europa, ihrer
phyſiſchen Lage, ihren Kraͤften, ihren Verfaſ-
ſungen, und ihrem politiſchen Jntereſſe nach,
gaͤnzlich umwandeln. Wer das erſtere unter-
nehmen wollte, ohne das letztere zu vermoͤgen,
wuͤrde vielleicht viel Einbildungskraft und Un-
ternehmungsgeiſt, aber wenig Erfahrung und
Ueberlegung anzeigen.

Wenn der Charakter der polniſchen Ver-
faſſung Unordnung iſt, ſo iſt die Folge davon
Schwaͤche. Da die angraͤnzenden Maͤchte durch
dieſe Schwaͤche ſtark werden, ſo verlangt es
ihr Vortheil, ſie zu verewigen; und da jeder
Schritt zur Ordnung ein Schritt zur Staͤrke
ſeyn wuͤrde, ſo will ihre Sicherheit, daß ſie
ihn verhuͤten. Nach dieſen Grundſaͤtzen hat
man Polen ſeit einem Jahrhundert behandelt,

H 2
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[115/0125] gabe, die es in dem ganzen Gebiete der Poli- tik geben kann. Es kaͤme dabey nicht bloß dar- auf an, das Land, das man Polen nennt, und die Menſchen, die Polen heißen, zu veraͤndern und zu verbeſſern, ſondern man muͤßte zugleich drey der maͤchtigſten Staaten in Europa, ihrer phyſiſchen Lage, ihren Kraͤften, ihren Verfaſ- ſungen, und ihrem politiſchen Jntereſſe nach, gaͤnzlich umwandeln. Wer das erſtere unter- nehmen wollte, ohne das letztere zu vermoͤgen, wuͤrde vielleicht viel Einbildungskraft und Un- ternehmungsgeiſt, aber wenig Erfahrung und Ueberlegung anzeigen. Wenn der Charakter der polniſchen Ver- faſſung Unordnung iſt, ſo iſt die Folge davon Schwaͤche. Da die angraͤnzenden Maͤchte durch dieſe Schwaͤche ſtark werden, ſo verlangt es ihr Vortheil, ſie zu verewigen; und da jeder Schritt zur Ordnung ein Schritt zur Staͤrke ſeyn wuͤrde, ſo will ihre Sicherheit, daß ſie ihn verhuͤten. Nach dieſen Grundſaͤtzen hat man Polen ſeit einem Jahrhundert behandelt, H 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/125>, abgerufen am 25.11.2024.