miethen, und daß die Gastwirthe es nicht ein- mal zu bemerken scheinen, wenn ihre Mieths- leute von solchen Mädchen öffentlich besucht werden, wenn sie selbst des Abends dergleichen mit nach Hause bringen und sie erst den an- dern Morgen entlassen, oder auch sie zu Wo- chen und Monaten bey sich im Hause behal- ten. Es ist schon hergebracht, ihnen diese Freyheit mit der Wohnung selbst zuzugestehen, und es fällt den Wirthen nicht ein, zu glau- ben, daß ihre Häuser dadurch in einen ungün- stigen Ruf kommen könnten. Ja, sie wissen, daß die Lohnbedienten, die sich zu ihrem Hause halten, die unverschämtesten Kuppler sind, die den Fremden liederliche Mädchen bey lichtem Tage zuführen, und doch ist keiner so eigensin- nig, sie darum fortzujagen! Daß die Kaffee- Wein- und Speise-Wirthe eben so wenig un- tersuchen werden, was für Personen unter ih- ren anständigern Gästen, ohne alle Aengstlich- keit, Platz nehmen, versteht sich von selbst. Auf der andern Seite findet auch keine anstän-
dige
miethen, und daß die Gaſtwirthe es nicht ein- mal zu bemerken ſcheinen, wenn ihre Mieths- leute von ſolchen Maͤdchen oͤffentlich beſucht werden, wenn ſie ſelbſt des Abends dergleichen mit nach Hauſe bringen und ſie erſt den an- dern Morgen entlaſſen, oder auch ſie zu Wo- chen und Monaten bey ſich im Hauſe behal- ten. Es iſt ſchon hergebracht, ihnen dieſe Freyheit mit der Wohnung ſelbſt zuzugeſtehen, und es faͤllt den Wirthen nicht ein, zu glau- ben, daß ihre Haͤuſer dadurch in einen unguͤn- ſtigen Ruf kommen koͤnnten. Ja, ſie wiſſen, daß die Lohnbedienten, die ſich zu ihrem Hauſe halten, die unverſchaͤmteſten Kuppler ſind, die den Fremden liederliche Maͤdchen bey lichtem Tage zufuͤhren, und doch iſt keiner ſo eigenſin- nig, ſie darum fortzujagen! Daß die Kaffee- Wein- und Speiſe-Wirthe eben ſo wenig un- terſuchen werden, was fuͤr Perſonen unter ih- ren anſtaͤndigern Gaͤſten, ohne alle Aengſtlich- keit, Platz nehmen, verſteht ſich von ſelbſt. Auf der andern Seite findet auch keine anſtaͤn-
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miethen, und daß die Gaſtwirthe es nicht ein-
mal zu bemerken ſcheinen, wenn ihre Mieths-
leute von ſolchen Maͤdchen oͤffentlich beſucht
werden, wenn ſie ſelbſt des Abends dergleichen
mit nach Hauſe bringen und ſie erſt den an-
dern Morgen entlaſſen, oder auch ſie zu Wo-
chen und Monaten bey ſich im Hauſe behal-
ten. Es iſt ſchon hergebracht, ihnen dieſe
Freyheit mit der Wohnung ſelbſt zuzugeſtehen,
und es faͤllt den Wirthen nicht ein, zu glau-
ben, daß ihre Haͤuſer dadurch in einen unguͤn-
ſtigen Ruf kommen koͤnnten. Ja, ſie wiſſen,
daß die Lohnbedienten, die ſich zu ihrem Hauſe
halten, die unverſchaͤmteſten Kuppler ſind, die
den Fremden liederliche Maͤdchen bey lichtem
Tage zufuͤhren, und doch iſt keiner ſo eigenſin-
nig, ſie darum fortzujagen! Daß die Kaffee-
Wein- und Speiſe-Wirthe eben ſo wenig un-
terſuchen werden, was fuͤr Perſonen unter ih-
ren anſtaͤndigern Gaͤſten, ohne alle Aengſtlich-
keit, Platz nehmen, verſteht ſich von ſelbſt.
Auf der andern Seite findet auch keine anſtaͤn-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/74>, abgerufen am 16.02.2025.
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