Bey dem Luxus, der hier, wie anderwärts, die Heirathen vermindert, und der Hagestol- zen mit jedem Jahre mehr macht; bey der Menge von jungen Leuten, die hier in den Staatskollegien, beym Militär, in den Schreib- stuben und Gewölben der Kaufleute etc. ange- stellt sind; bey dem starken Zuströmen des Adels aus den Provinzen, der oft nur des Le- bensgenusses wegen hieher kömmt, und für denselben mit vollen Händen ausstreuet; bey der Ungebundenheit, welche Grundsätze und öffentliche Meynung in diesem Punkt hier ein- mal angenommen haben; bey der scheulosern Art, seinen Launen und Gelüsten nachzuhan- gen, die in freyen Verfassungen den Staats- bürgern zur Natur wird; bey der verwahr- losten Erziehung des weiblichen Geschlechts ge- ringerer Klassen; bey dem schlechten Beyspiele, das hierin die Weiber und Männer höherer Klassen geben; bey dem Mangel aller näheren Aufsicht von Seiten des Staates, durch die Polizey -- bey diesen Umständen ist es kein
Drittes Heft. D
Bey dem Luxus, der hier, wie anderwaͤrts, die Heirathen vermindert, und der Hageſtol- zen mit jedem Jahre mehr macht; bey der Menge von jungen Leuten, die hier in den Staatskollegien, beym Militaͤr, in den Schreib- ſtuben und Gewoͤlben der Kaufleute ꝛc. ange- ſtellt ſind; bey dem ſtarken Zuſtroͤmen des Adels aus den Provinzen, der oft nur des Le- bensgenuſſes wegen hieher koͤmmt, und fuͤr denſelben mit vollen Haͤnden ausſtreuet; bey der Ungebundenheit, welche Grundſaͤtze und oͤffentliche Meynung in dieſem Punkt hier ein- mal angenommen haben; bey der ſcheuloſern Art, ſeinen Launen und Geluͤſten nachzuhan- gen, die in freyen Verfaſſungen den Staats- buͤrgern zur Natur wird; bey der verwahr- loſten Erziehung des weiblichen Geſchlechts ge- ringerer Klaſſen; bey dem ſchlechten Beyſpiele, das hierin die Weiber und Maͤnner hoͤherer Klaſſen geben; bey dem Mangel aller naͤheren Aufſicht von Seiten des Staates, durch die Polizey — bey dieſen Umſtaͤnden iſt es kein
Drittes Heft. D
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0059"n="49"/><p>Bey dem Luxus, der hier, wie anderwaͤrts,<lb/>
die Heirathen vermindert, und der Hageſtol-<lb/>
zen mit jedem Jahre mehr macht; bey der<lb/>
Menge von jungen Leuten, die hier in den<lb/>
Staatskollegien, beym Militaͤr, in den Schreib-<lb/>ſtuben und Gewoͤlben der Kaufleute ꝛc. ange-<lb/>ſtellt ſind; bey dem ſtarken Zuſtroͤmen des<lb/>
Adels aus den Provinzen, der oft nur des Le-<lb/>
bensgenuſſes wegen hieher koͤmmt, und fuͤr<lb/>
denſelben mit vollen Haͤnden ausſtreuet; bey<lb/>
der Ungebundenheit, welche Grundſaͤtze und<lb/>
oͤffentliche Meynung in dieſem Punkt hier ein-<lb/>
mal angenommen haben; bey der ſcheuloſern<lb/>
Art, ſeinen Launen und Geluͤſten nachzuhan-<lb/>
gen, die in freyen Verfaſſungen den Staats-<lb/>
buͤrgern zur Natur wird; bey der verwahr-<lb/>
loſten Erziehung des weiblichen Geſchlechts ge-<lb/>
ringerer Klaſſen; bey dem ſchlechten Beyſpiele,<lb/>
das hierin die Weiber und Maͤnner hoͤherer<lb/>
Klaſſen geben; bey dem Mangel aller naͤheren<lb/>
Aufſicht von Seiten des Staates, durch die<lb/>
Polizey — bey dieſen Umſtaͤnden iſt es kein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Drittes Heft. D</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[49/0059]
Bey dem Luxus, der hier, wie anderwaͤrts,
die Heirathen vermindert, und der Hageſtol-
zen mit jedem Jahre mehr macht; bey der
Menge von jungen Leuten, die hier in den
Staatskollegien, beym Militaͤr, in den Schreib-
ſtuben und Gewoͤlben der Kaufleute ꝛc. ange-
ſtellt ſind; bey dem ſtarken Zuſtroͤmen des
Adels aus den Provinzen, der oft nur des Le-
bensgenuſſes wegen hieher koͤmmt, und fuͤr
denſelben mit vollen Haͤnden ausſtreuet; bey
der Ungebundenheit, welche Grundſaͤtze und
oͤffentliche Meynung in dieſem Punkt hier ein-
mal angenommen haben; bey der ſcheuloſern
Art, ſeinen Launen und Geluͤſten nachzuhan-
gen, die in freyen Verfaſſungen den Staats-
buͤrgern zur Natur wird; bey der verwahr-
loſten Erziehung des weiblichen Geſchlechts ge-
ringerer Klaſſen; bey dem ſchlechten Beyſpiele,
das hierin die Weiber und Maͤnner hoͤherer
Klaſſen geben; bey dem Mangel aller naͤheren
Aufſicht von Seiten des Staates, durch die
Polizey — bey dieſen Umſtaͤnden iſt es kein
Drittes Heft. D
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/59>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.