des Standes und Geschlechts so dicht besetzt erscheinen. Als vor einigen Jahren ein Mord- brenner in Berlin verbrannt, und in Wien der Dieb und Mörder Zahlheim mit glühen- den Zangen gezwickt wurde, war an beyden Orten die Zuschauerschaft sehr zahlreich, sehr glänzend; aber wer hätte darum die Berliner und Wiener eines Wohlgefallens an grausa- men Hinrichtungen bezüchtigen wollen?
Uebrigens wird die Warschauer Hetze bey weitem nicht so häufig besucht, als die Wie- ner. Zwar ist die Volksmenge von Warschau um mehr als zwey Drittel geringer, wie die Wiener, aber das Amphitheater faßt auch kaum halb so viel Zuschauer, als das Wienerische und ist, nach Verhältniß, gewöhnlich nicht halb so stark besetzt, als dieses. Der Stamm der Zuschauer ist hier übrigens derselbe, wie dort. Die rauhern Handwerker, als Fleischer, Schmiedte u. dergl. vermengt mit Soldaten, Mönchen, Stallmeistern, Jägern, jungen, wilden Leuten bessern Standes, und Dirnen,
des Standes und Geſchlechts ſo dicht beſetzt erſcheinen. Als vor einigen Jahren ein Mord- brenner in Berlin verbrannt, und in Wien der Dieb und Moͤrder Zahlheim mit gluͤhen- den Zangen gezwickt wurde, war an beyden Orten die Zuſchauerſchaft ſehr zahlreich, ſehr glaͤnzend; aber wer haͤtte darum die Berliner und Wiener eines Wohlgefallens an grauſa- men Hinrichtungen bezuͤchtigen wollen?
Uebrigens wird die Warſchauer Hetze bey weitem nicht ſo haͤufig beſucht, als die Wie- ner. Zwar iſt die Volksmenge von Warſchau um mehr als zwey Drittel geringer, wie die Wiener, aber das Amphitheater faßt auch kaum halb ſo viel Zuſchauer, als das Wieneriſche und iſt, nach Verhaͤltniß, gewoͤhnlich nicht halb ſo ſtark beſetzt, als dieſes. Der Stamm der Zuſchauer iſt hier uͤbrigens derſelbe, wie dort. Die rauhern Handwerker, als Fleiſcher, Schmiedte u. dergl. vermengt mit Soldaten, Moͤnchen, Stallmeiſtern, Jaͤgern, jungen, wilden Leuten beſſern Standes, und Dirnen,
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des Standes und Geſchlechts ſo dicht beſetzt
erſcheinen. Als vor einigen Jahren ein Mord-
brenner in Berlin verbrannt, und in Wien
der Dieb und Moͤrder Zahlheim mit gluͤhen-
den Zangen gezwickt wurde, war an beyden
Orten die Zuſchauerſchaft ſehr zahlreich, ſehr
glaͤnzend; aber wer haͤtte darum die Berliner
und Wiener eines Wohlgefallens an grauſa-
men Hinrichtungen bezuͤchtigen wollen?
Uebrigens wird die Warſchauer Hetze bey
weitem nicht ſo haͤufig beſucht, als die Wie-
ner. Zwar iſt die Volksmenge von Warſchau
um mehr als zwey Drittel geringer, wie die
Wiener, aber das Amphitheater faßt auch kaum
halb ſo viel Zuſchauer, als das Wieneriſche
und iſt, nach Verhaͤltniß, gewoͤhnlich nicht
halb ſo ſtark beſetzt, als dieſes. Der Stamm
der Zuſchauer iſt hier uͤbrigens derſelbe, wie
dort. Die rauhern Handwerker, als Fleiſcher,
Schmiedte u. dergl. vermengt mit Soldaten,
Moͤnchen, Stallmeiſtern, Jaͤgern, jungen,
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/50>, abgerufen am 22.07.2024.
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