falls an Sonn- und Feyertagen, wo dasjenige Publikum, auf die sie berechnet ist, die meiste Zeit und das meiste Geld zu verlieren hat.
Das Hetzamphitheater hat weder den Um- fang noch die Höhe des Wienerischen, ist aber in derselben Form gebauet. Es hat eine Gal- lerie weniger und ist nicht so gut unterhalten als jenes. Die Anzahl der wilden Thiere ist weder so stark, noch sind ihrer so viele Arten vorhanden. Der Hetzmeister und die Hetz- knechte haben weder so viel Heldenmuth, noch so viel Geschicklichkeit, ihr Publikum zu belu- stigen, als die Wiener, die übrigens ihre Mu- ster sind. Das Erhabene, das in ihrer Kunst und Bestimmung liegt, wissen sie nicht gehö- rig geltend zu machen. Einem wilden Stier entgegen zu gehen, ihn bey den Hörnern zu fassen, mit ihm zu ringen und ihn endlich zu ermüden; einen bissigen Wolf aus den Zähnen der Hunde loszumachen und ihn, an die Brust gedrückt, nach seiner Falle zu tragen; mit dem Raubbären solch eine zärtliche Verbindung zu
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falls an Sonn- und Feyertagen, wo dasjenige Publikum, auf die ſie berechnet iſt, die meiſte Zeit und das meiſte Geld zu verlieren hat.
Das Hetzamphitheater hat weder den Um- fang noch die Hoͤhe des Wieneriſchen, iſt aber in derſelben Form gebauet. Es hat eine Gal- lerie weniger und iſt nicht ſo gut unterhalten als jenes. Die Anzahl der wilden Thiere iſt weder ſo ſtark, noch ſind ihrer ſo viele Arten vorhanden. Der Hetzmeiſter und die Hetz- knechte haben weder ſo viel Heldenmuth, noch ſo viel Geſchicklichkeit, ihr Publikum zu belu- ſtigen, als die Wiener, die uͤbrigens ihre Mu- ſter ſind. Das Erhabene, das in ihrer Kunſt und Beſtimmung liegt, wiſſen ſie nicht gehoͤ- rig geltend zu machen. Einem wilden Stier entgegen zu gehen, ihn bey den Hoͤrnern zu faſſen, mit ihm zu ringen und ihn endlich zu ermuͤden; einen biſſigen Wolf aus den Zaͤhnen der Hunde loszumachen und ihn, an die Bruſt gedruͤckt, nach ſeiner Falle zu tragen; mit dem Raubbaͤren ſolch eine zaͤrtliche Verbindung zu
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falls an Sonn- und Feyertagen, wo dasjenige
Publikum, auf die ſie berechnet iſt, die meiſte
Zeit und das meiſte Geld zu verlieren hat.
Das Hetzamphitheater hat weder den Um-
fang noch die Hoͤhe des Wieneriſchen, iſt aber
in derſelben Form gebauet. Es hat eine Gal-
lerie weniger und iſt nicht ſo gut unterhalten
als jenes. Die Anzahl der wilden Thiere iſt
weder ſo ſtark, noch ſind ihrer ſo viele Arten
vorhanden. Der Hetzmeiſter und die Hetz-
knechte haben weder ſo viel Heldenmuth, noch
ſo viel Geſchicklichkeit, ihr Publikum zu belu-
ſtigen, als die Wiener, die uͤbrigens ihre Mu-
ſter ſind. Das Erhabene, das in ihrer Kunſt
und Beſtimmung liegt, wiſſen ſie nicht gehoͤ-
rig geltend zu machen. Einem wilden Stier
entgegen zu gehen, ihn bey den Hoͤrnern zu
faſſen, mit ihm zu ringen und ihn endlich zu
ermuͤden; einen biſſigen Wolf aus den Zaͤhnen
der Hunde loszumachen und ihn, an die Bruſt
gedruͤckt, nach ſeiner Falle zu tragen; mit dem
Raubbaͤren ſolch eine zaͤrtliche Verbindung zu
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/45>, abgerufen am 16.02.2025.
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