dieser Scherz, dessen Ausführung dem Erfin- der sehr schwer werden mußte, weil sich der Stiefel nach einer Weile in eine Ecke stellte, und seine Seele, die von Schweiß triefte, her- aus ließ.
Wenn sich die Weiber maskiren, so sieht man am häufigsten Jüdinnen, Russinnen, Tür- kinnen, Bäuerinnen etc., die bald mit mehr, bald mit weniger, Geschmack und Reichthum angezogen sind. Das Heer der öffentlichen Mädchen, das besonders auf der Radziwil'- schen Redoute zahlreich ist, kleidet sich nach eigner Phantasie, oft sehr gut, oft höchst ge- schmacklos, und man kann darnach die Klassen bestimmen, in welche sie einzeln gehören. Ue- brigens steigt die Zahl der Menschen, die an- wesend sind, gewöhnlich auf zwey und drey tausend. Man kann alle mögliche Lebensmit- tel zum Essen, zum Trinken und zum Naschen haben. Eine Pharobank darf nicht fehlen.
Die Redoute in den Sälen des Schau- spielhauses ist anständiger, als die Radziwil'-
dieſer Scherz, deſſen Ausfuͤhrung dem Erfin- der ſehr ſchwer werden mußte, weil ſich der Stiefel nach einer Weile in eine Ecke ſtellte, und ſeine Seele, die von Schweiß triefte, her- aus ließ.
Wenn ſich die Weiber maskiren, ſo ſieht man am haͤufigſten Juͤdinnen, Ruſſinnen, Tuͤr- kinnen, Baͤuerinnen ꝛc., die bald mit mehr, bald mit weniger, Geſchmack und Reichthum angezogen ſind. Das Heer der oͤffentlichen Maͤdchen, das beſonders auf der Radziwil'- ſchen Redoute zahlreich iſt, kleidet ſich nach eigner Phantaſie, oft ſehr gut, oft hoͤchſt ge- ſchmacklos, und man kann darnach die Klaſſen beſtimmen, in welche ſie einzeln gehoͤren. Ue- brigens ſteigt die Zahl der Menſchen, die an- weſend ſind, gewoͤhnlich auf zwey und drey tauſend. Man kann alle moͤgliche Lebensmit- tel zum Eſſen, zum Trinken und zum Naſchen haben. Eine Pharobank darf nicht fehlen.
Die Redoute in den Saͤlen des Schau- ſpielhauſes iſt anſtaͤndiger, als die Radziwil'-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"n="31"/>
dieſer Scherz, deſſen Ausfuͤhrung dem Erfin-<lb/>
der ſehr ſchwer werden mußte, weil ſich der<lb/>
Stiefel nach einer Weile in eine Ecke ſtellte,<lb/>
und ſeine Seele, die von Schweiß triefte, her-<lb/>
aus ließ.</p><lb/><p>Wenn ſich die Weiber maskiren, ſo ſieht<lb/>
man am haͤufigſten Juͤdinnen, Ruſſinnen, Tuͤr-<lb/>
kinnen, Baͤuerinnen ꝛc., die bald mit mehr,<lb/>
bald mit weniger, Geſchmack und Reichthum<lb/>
angezogen ſind. Das Heer der oͤffentlichen<lb/>
Maͤdchen, das beſonders auf der Radziwil'-<lb/>ſchen Redoute zahlreich iſt, kleidet ſich nach<lb/>
eigner Phantaſie, oft ſehr gut, oft hoͤchſt ge-<lb/>ſchmacklos, und man kann darnach die Klaſſen<lb/>
beſtimmen, in welche ſie einzeln gehoͤren. Ue-<lb/>
brigens ſteigt die Zahl der Menſchen, die an-<lb/>
weſend ſind, gewoͤhnlich auf zwey und drey<lb/>
tauſend. Man kann alle moͤgliche Lebensmit-<lb/>
tel zum Eſſen, zum Trinken und zum Naſchen<lb/>
haben. Eine Pharobank darf nicht fehlen.</p><lb/><p>Die Redoute in den Saͤlen des Schau-<lb/>ſpielhauſes iſt anſtaͤndiger, als die Radziwil'-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[31/0041]
dieſer Scherz, deſſen Ausfuͤhrung dem Erfin-
der ſehr ſchwer werden mußte, weil ſich der
Stiefel nach einer Weile in eine Ecke ſtellte,
und ſeine Seele, die von Schweiß triefte, her-
aus ließ.
Wenn ſich die Weiber maskiren, ſo ſieht
man am haͤufigſten Juͤdinnen, Ruſſinnen, Tuͤr-
kinnen, Baͤuerinnen ꝛc., die bald mit mehr,
bald mit weniger, Geſchmack und Reichthum
angezogen ſind. Das Heer der oͤffentlichen
Maͤdchen, das beſonders auf der Radziwil'-
ſchen Redoute zahlreich iſt, kleidet ſich nach
eigner Phantaſie, oft ſehr gut, oft hoͤchſt ge-
ſchmacklos, und man kann darnach die Klaſſen
beſtimmen, in welche ſie einzeln gehoͤren. Ue-
brigens ſteigt die Zahl der Menſchen, die an-
weſend ſind, gewoͤhnlich auf zwey und drey
tauſend. Man kann alle moͤgliche Lebensmit-
tel zum Eſſen, zum Trinken und zum Naſchen
haben. Eine Pharobank darf nicht fehlen.
Die Redoute in den Saͤlen des Schau-
ſpielhauſes iſt anſtaͤndiger, als die Radziwil'-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/41>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.