mit ungewöhnlichen Einsätzen getrieben, und diese, besonders wenn der Wein dazu kömmt, mit wahrer Wildheit. Jn gemischten Gesell- schaften bilden sich oft kleinere Cirkel von Frauenzimmern und Kindern, die ein Pharo zur Seele ihrer Unterhaltung machen; und es ist nichts ungewöhnliches, daß selbst unter diesen, Dutzende von Dukaten verloren wer- den. Oft macht die Frau vom Hause Bank für ihre Gesellschaft, oft einer von den Gä- sten, oft mehrere, und es fällt hier nicht als unanständig auf. Daß solche Bänke ganz ei- gentlich dazu bestimmt wären, die Gäste, und besonders die Unerfahrnen oder Fremden unter ihnen, zu plündern, was ehedem oft in man- chem stattlichen Hause zu Paris geschah, dieß habe ich nie bemerkt, auch nie etwas davon ge- hört; daß aber, wenn auch alles richtig zu- geht, Alt und Jung sich dadurch zu Grunde richten kann, versteht sich von selbst.
Zu Anfang des Jahres 1793, erschien ein junger Edelmann, von einem stillen und be-
mit ungewoͤhnlichen Einſaͤtzen getrieben, und dieſe, beſonders wenn der Wein dazu koͤmmt, mit wahrer Wildheit. Jn gemiſchten Geſell- ſchaften bilden ſich oft kleinere Cirkel von Frauenzimmern und Kindern, die ein Pharo zur Seele ihrer Unterhaltung machen; und es iſt nichts ungewoͤhnliches, daß ſelbſt unter dieſen, Dutzende von Dukaten verloren wer- den. Oft macht die Frau vom Hauſe Bank fuͤr ihre Geſellſchaft, oft einer von den Gaͤ- ſten, oft mehrere, und es faͤllt hier nicht als unanſtaͤndig auf. Daß ſolche Baͤnke ganz ei- gentlich dazu beſtimmt waͤren, die Gaͤſte, und beſonders die Unerfahrnen oder Fremden unter ihnen, zu pluͤndern, was ehedem oft in man- chem ſtattlichen Hauſe zu Paris geſchah, dieß habe ich nie bemerkt, auch nie etwas davon ge- hoͤrt; daß aber, wenn auch alles richtig zu- geht, Alt und Jung ſich dadurch zu Grunde richten kann, verſteht ſich von ſelbſt.
Zu Anfang des Jahres 1793, erſchien ein junger Edelmann, von einem ſtillen und be-
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mit ungewoͤhnlichen Einſaͤtzen getrieben, und
dieſe, beſonders wenn der Wein dazu koͤmmt,
mit wahrer Wildheit. Jn gemiſchten Geſell-
ſchaften bilden ſich oft kleinere Cirkel von
Frauenzimmern und Kindern, die ein Pharo
zur Seele ihrer Unterhaltung machen; und es
iſt nichts ungewoͤhnliches, daß ſelbſt unter
dieſen, Dutzende von Dukaten verloren wer-
den. Oft macht die Frau vom Hauſe Bank
fuͤr ihre Geſellſchaft, oft einer von den Gaͤ-
ſten, oft mehrere, und es faͤllt hier nicht als
unanſtaͤndig auf. Daß ſolche Baͤnke ganz ei-
gentlich dazu beſtimmt waͤren, die Gaͤſte, und
beſonders die Unerfahrnen oder Fremden unter
ihnen, zu pluͤndern, was ehedem oft in man-
chem ſtattlichen Hauſe zu Paris geſchah, dieß
habe ich nie bemerkt, auch nie etwas davon ge-
hoͤrt; daß aber, wenn auch alles richtig zu-
geht, Alt und Jung ſich dadurch zu Grunde
richten kann, verſteht ſich von ſelbſt.
Zu Anfang des Jahres 1793, erſchien ein
junger Edelmann, von einem ſtillen und be-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/19>, abgerufen am 22.07.2024.
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