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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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theile man nur durch Nachdenken und Beharr-
lichkeit eindringen kann. Eben diese Gabe leicht
zu fassen, bewirkt, daß sie zwar ungezwungen,
lebhaft und wortreich, aber höchst einseitig,
über die wichtigsten Dinge sprechen. Sie wer-
den stumm bey dem ersten Einwurf eines gründ-
lichern Kopfes, und sind schnell auf seiner Seite
beym zweyten. Nichts wäre also leichter, als
eine Versammlung von Polen, bey überwie-
genden Talenten, zu allem zu bewegen, wenn
nicht Parteysucht, persönlicher Vortheil, Furcht
und Hochmuth, statt Ueberzeugung, sie davon
abhielten. Der Umstand, daß sie die Angele-
genheiten des Vaterlandes ohne baare Vergel-
tung besorgen müssen, trägt nicht weniger zur
Unterhaltung ihres Leichtsinns und ihrer Träg-
heit bey; sie halten das, was sie für dasselbe
thun, für eine Gnade, die sie ihm erweisen;
und da sie überdieß zu sehen gewohnt sind,
daß eine kleine Anzahl Staatsbürger sich für
das Vaterland ausgiebt und, durch List oder
Gewalt, die übrigen für sie zu arbeiten zwingt:

theile man nur durch Nachdenken und Beharr-
lichkeit eindringen kann. Eben dieſe Gabe leicht
zu faſſen, bewirkt, daß ſie zwar ungezwungen,
lebhaft und wortreich, aber hoͤchſt einſeitig,
uͤber die wichtigſten Dinge ſprechen. Sie wer-
den ſtumm bey dem erſten Einwurf eines gruͤnd-
lichern Kopfes, und ſind ſchnell auf ſeiner Seite
beym zweyten. Nichts waͤre alſo leichter, als
eine Verſammlung von Polen, bey uͤberwie-
genden Talenten, zu allem zu bewegen, wenn
nicht Parteyſucht, perſoͤnlicher Vortheil, Furcht
und Hochmuth, ſtatt Ueberzeugung, ſie davon
abhielten. Der Umſtand, daß ſie die Angele-
genheiten des Vaterlandes ohne baare Vergel-
tung beſorgen muͤſſen, traͤgt nicht weniger zur
Unterhaltung ihres Leichtſinns und ihrer Traͤg-
heit bey; ſie halten das, was ſie fuͤr daſſelbe
thun, fuͤr eine Gnade, die ſie ihm erweiſen;
und da ſie uͤberdieß zu ſehen gewohnt ſind,
daß eine kleine Anzahl Staatsbuͤrger ſich fuͤr
das Vaterland ausgiebt und, durch Liſt oder
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[159/0169] theile man nur durch Nachdenken und Beharr- lichkeit eindringen kann. Eben dieſe Gabe leicht zu faſſen, bewirkt, daß ſie zwar ungezwungen, lebhaft und wortreich, aber hoͤchſt einſeitig, uͤber die wichtigſten Dinge ſprechen. Sie wer- den ſtumm bey dem erſten Einwurf eines gruͤnd- lichern Kopfes, und ſind ſchnell auf ſeiner Seite beym zweyten. Nichts waͤre alſo leichter, als eine Verſammlung von Polen, bey uͤberwie- genden Talenten, zu allem zu bewegen, wenn nicht Parteyſucht, perſoͤnlicher Vortheil, Furcht und Hochmuth, ſtatt Ueberzeugung, ſie davon abhielten. Der Umſtand, daß ſie die Angele- genheiten des Vaterlandes ohne baare Vergel- tung beſorgen muͤſſen, traͤgt nicht weniger zur Unterhaltung ihres Leichtſinns und ihrer Traͤg- heit bey; ſie halten das, was ſie fuͤr daſſelbe thun, fuͤr eine Gnade, die ſie ihm erweiſen; und da ſie uͤberdieß zu ſehen gewohnt ſind, daß eine kleine Anzahl Staatsbuͤrger ſich fuͤr das Vaterland ausgiebt und, durch Liſt oder Gewalt, die uͤbrigen fuͤr ſie zu arbeiten zwingt:

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/169>, abgerufen am 22.11.2024.