Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

mung der ganzen Nation, oder auch nur ihrer
Mehrheit, nicht hoffen kann, gehen schon vor
der Berufung der Landtage an. Man
schickt nämlich in diejenigen Bezirke, von de-
nen man weiß, daß sie den vorhabenden Pla-
nen am meisten zuwider sind, Kundschafter ab,
um die öffentliche Meynung dort theils zu bil-
den, theils zu leiten, um diejenigen unter dem
Adel der Provinz auszulesen, deren Grundsätze
jenen Absichten entsprechen, oder ihnen am we-
nigsten zuwider sind; um diese Grundsätze vol-
lends zu berichtigen, d. i. zum Vortheil der
Partey zu modeln; um durch Unterhand-
lungen, Versprechungen, Geschenke und andre
angenehme oder nützliche Dinge, die Bedeutend-
sten dieses Adels geradezu für die gegebene
Partey zu erkaufen; um endlich diese letztren
mit auf die Wahl zu bringen und ihnen die
Mehrheit der Stimmen zu künftigen Reichs-
boten wirklich zu verschaffen.

Unter diesen Vorbereitungen erwartet man
die Berufung zu den Landtagen. Diejeni-

J 2

mung der ganzen Nation, oder auch nur ihrer
Mehrheit, nicht hoffen kann, gehen ſchon vor
der Berufung der Landtage an. Man
ſchickt naͤmlich in diejenigen Bezirke, von de-
nen man weiß, daß ſie den vorhabenden Pla-
nen am meiſten zuwider ſind, Kundſchafter ab,
um die oͤffentliche Meynung dort theils zu bil-
den, theils zu leiten, um diejenigen unter dem
Adel der Provinz auszuleſen, deren Grundſaͤtze
jenen Abſichten entſprechen, oder ihnen am we-
nigſten zuwider ſind; um dieſe Grundſaͤtze vol-
lends zu berichtigen, d. i. zum Vortheil der
Partey zu modeln; um durch Unterhand-
lungen, Verſprechungen, Geſchenke und andre
angenehme oder nuͤtzliche Dinge, die Bedeutend-
ſten dieſes Adels geradezu fuͤr die gegebene
Partey zu erkaufen; um endlich dieſe letztren
mit auf die Wahl zu bringen und ihnen die
Mehrheit der Stimmen zu kuͤnftigen Reichs-
boten wirklich zu verſchaffen.

Unter dieſen Vorbereitungen erwartet man
die Berufung zu den Landtagen. Diejeni-

J 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0141" n="131"/>
mung der ganzen Nation, oder auch nur ihrer<lb/>
Mehrheit, nicht hoffen kann, gehen &#x017F;chon vor<lb/>
der Berufung der <hi rendition="#g">Landtage</hi> an. Man<lb/>
&#x017F;chickt na&#x0364;mlich in diejenigen Bezirke, von de-<lb/>
nen man weiß, daß &#x017F;ie den vorhabenden Pla-<lb/>
nen am mei&#x017F;ten zuwider &#x017F;ind, Kund&#x017F;chafter ab,<lb/>
um die o&#x0364;ffentliche Meynung dort theils zu bil-<lb/>
den, theils zu leiten, um diejenigen unter dem<lb/>
Adel der Provinz auszule&#x017F;en, deren Grund&#x017F;a&#x0364;tze<lb/>
jenen Ab&#x017F;ichten ent&#x017F;prechen, oder ihnen am we-<lb/>
nig&#x017F;ten zuwider &#x017F;ind; um die&#x017F;e Grund&#x017F;a&#x0364;tze vol-<lb/>
lends zu berichtigen, d. i. zum Vortheil der<lb/>
Partey zu modeln; um durch Unterhand-<lb/>
lungen, Ver&#x017F;prechungen, Ge&#x017F;chenke und andre<lb/>
angenehme oder nu&#x0364;tzliche Dinge, die Bedeutend-<lb/>
&#x017F;ten die&#x017F;es Adels geradezu fu&#x0364;r die gegebene<lb/>
Partey zu erkaufen; um endlich die&#x017F;e letztren<lb/>
mit auf die Wahl zu bringen und ihnen die<lb/>
Mehrheit der Stimmen zu ku&#x0364;nftigen Reichs-<lb/>
boten wirklich zu ver&#x017F;chaffen.</p><lb/>
        <p>Unter die&#x017F;en Vorbereitungen erwartet man<lb/>
die Berufung zu den <hi rendition="#g">Landtagen</hi>. Diejeni-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0141] mung der ganzen Nation, oder auch nur ihrer Mehrheit, nicht hoffen kann, gehen ſchon vor der Berufung der Landtage an. Man ſchickt naͤmlich in diejenigen Bezirke, von de- nen man weiß, daß ſie den vorhabenden Pla- nen am meiſten zuwider ſind, Kundſchafter ab, um die oͤffentliche Meynung dort theils zu bil- den, theils zu leiten, um diejenigen unter dem Adel der Provinz auszuleſen, deren Grundſaͤtze jenen Abſichten entſprechen, oder ihnen am we- nigſten zuwider ſind; um dieſe Grundſaͤtze vol- lends zu berichtigen, d. i. zum Vortheil der Partey zu modeln; um durch Unterhand- lungen, Verſprechungen, Geſchenke und andre angenehme oder nuͤtzliche Dinge, die Bedeutend- ſten dieſes Adels geradezu fuͤr die gegebene Partey zu erkaufen; um endlich dieſe letztren mit auf die Wahl zu bringen und ihnen die Mehrheit der Stimmen zu kuͤnftigen Reichs- boten wirklich zu verſchaffen. Unter dieſen Vorbereitungen erwartet man die Berufung zu den Landtagen. Diejeni- J 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/141
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/141>, abgerufen am 25.11.2024.