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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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vereinigt, gewisse Plane durchsetzen wollen;
diese sind nur scheinbar Freunde, hassen einan-
der oft, hintergehen und überlisten einander,
stehen aber bey ihren Unternehmungen Einen
Mann, und bringen für das gemeinschaftliche
Jnteresse, das den Vortheil jedes Einzelnen
einschließt, Aufopferungen, die man sonst nur
von wahrer Freundschaft und Uneigennützig-
keit erwartet. Man erlaube mir ein Beyspiel
davon hier aufzustellen:

Während des Zwischenreichs, das der Wahl
des jetzigen Königs vorherging, bildeten sich
drey hervorstechende Parteyen, die den Thron
aus ihrem Mittel besetzen wollten. An der
Spitze der einen stand die Familie Czarto-
ryski
; die andre bildeten die Anhänger des
Sächsischen Hauses; die dritte leitete der
Großfeldherr, Johann Branicki. Die
Partey der Czartoryski, deren Haupt der
Großkanzler von Lithauen, Czartoryski war,
schloß drey Kandidaten ein: den Bruder des
Großkanzlers, Woiwoden von Rußland, Czar-

vereinigt, gewiſſe Plane durchſetzen wollen;
dieſe ſind nur ſcheinbar Freunde, haſſen einan-
der oft, hintergehen und uͤberliſten einander,
ſtehen aber bey ihren Unternehmungen Einen
Mann, und bringen fuͤr das gemeinſchaftliche
Jntereſſe, das den Vortheil jedes Einzelnen
einſchließt, Aufopferungen, die man ſonſt nur
von wahrer Freundſchaft und Uneigennuͤtzig-
keit erwartet. Man erlaube mir ein Beyſpiel
davon hier aufzuſtellen:

Waͤhrend des Zwiſchenreichs, das der Wahl
des jetzigen Koͤnigs vorherging, bildeten ſich
drey hervorſtechende Parteyen, die den Thron
aus ihrem Mittel beſetzen wollten. An der
Spitze der einen ſtand die Familie Czarto-
ryski
; die andre bildeten die Anhaͤnger des
Saͤchſiſchen Hauſes; die dritte leitete der
Großfeldherr, Johann Branicki. Die
Partey der Czartoryski, deren Haupt der
Großkanzler von Lithauen, Czartoryski war,
ſchloß drey Kandidaten ein: den Bruder des
Großkanzlers, Woiwoden von Rußland, Czar-

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[117/0127] vereinigt, gewiſſe Plane durchſetzen wollen; dieſe ſind nur ſcheinbar Freunde, haſſen einan- der oft, hintergehen und uͤberliſten einander, ſtehen aber bey ihren Unternehmungen Einen Mann, und bringen fuͤr das gemeinſchaftliche Jntereſſe, das den Vortheil jedes Einzelnen einſchließt, Aufopferungen, die man ſonſt nur von wahrer Freundſchaft und Uneigennuͤtzig- keit erwartet. Man erlaube mir ein Beyſpiel davon hier aufzuſtellen: Waͤhrend des Zwiſchenreichs, das der Wahl des jetzigen Koͤnigs vorherging, bildeten ſich drey hervorſtechende Parteyen, die den Thron aus ihrem Mittel beſetzen wollten. An der Spitze der einen ſtand die Familie Czarto- ryski; die andre bildeten die Anhaͤnger des Saͤchſiſchen Hauſes; die dritte leitete der Großfeldherr, Johann Branicki. Die Partey der Czartoryski, deren Haupt der Großkanzler von Lithauen, Czartoryski war, ſchloß drey Kandidaten ein: den Bruder des Großkanzlers, Woiwoden von Rußland, Czar-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/127>, abgerufen am 22.11.2024.