Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Französisch, Sächsisch und Schwedisch
waren, dieß ohne Schaam öffentlich sagten,
und durch ihre Grundsätze und Handlungen
zeigten. Manche nahmen sogar von allen, die
ihnen geben wollten, und blieben bloß deshalb
unpartheyisch, oder auf dem Mittelwege,
so lange wenigstens, als ihre Politik nicht be-
kannt und übel empfunden wurde; manche em-
pfahlen ihre Söhne und Verwandte, sobald
sie Stellen erhielten, die ihnen Stimmen ver-
schaften, zu solchen Jahrgeldern; mancher
Sohn, manche Frau, wurde aber auch oft,
durch ähnliche, von der Gegenpartey des Va-
ters, oder des Gemals gewonnen; und in sol-
chen Fällen gab es in einzelnen Familien ein
dreyfaches Jnteresse und einen Haß, eine Er-
bitterung und Auftritte, die am Reichstage
selbst nicht heftiger und unanständiger seyn
konnten. Während des Konstitutions-Reichs-
tages, dessen Handlungen man häufig einem
reinen Jnteresse für das Wohl der gesammten
Nation und einer vortheilhaften Veränderung

H 2

dem Franzoͤſiſch, Saͤchſiſch und Schwediſch
waren, dieß ohne Schaam oͤffentlich ſagten,
und durch ihre Grundſaͤtze und Handlungen
zeigten. Manche nahmen ſogar von allen, die
ihnen geben wollten, und blieben bloß deshalb
unpartheyiſch, oder auf dem Mittelwege,
ſo lange wenigſtens, als ihre Politik nicht be-
kannt und uͤbel empfunden wurde; manche em-
pfahlen ihre Soͤhne und Verwandte, ſobald
ſie Stellen erhielten, die ihnen Stimmen ver-
ſchaften, zu ſolchen Jahrgeldern; mancher
Sohn, manche Frau, wurde aber auch oft,
durch aͤhnliche, von der Gegenpartey des Va-
ters, oder des Gemals gewonnen; und in ſol-
chen Faͤllen gab es in einzelnen Familien ein
dreyfaches Jntereſſe und einen Haß, eine Er-
bitterung und Auftritte, die am Reichstage
ſelbſt nicht heftiger und unanſtaͤndiger ſeyn
konnten. Waͤhrend des Konſtitutions-Reichs-
tages, deſſen Handlungen man haͤufig einem
reinen Jntereſſe fuͤr das Wohl der geſammten
Nation und einer vortheilhaften Veraͤnderung

H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="115"/>
dem Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch, Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;ch und Schwedi&#x017F;ch<lb/>
waren, dieß ohne Schaam o&#x0364;ffentlich &#x017F;agten,<lb/>
und durch ihre Grund&#x017F;a&#x0364;tze und Handlungen<lb/>
zeigten. Manche nahmen &#x017F;ogar von allen, die<lb/>
ihnen geben wollten, und blieben bloß deshalb<lb/>
unpartheyi&#x017F;ch, oder <hi rendition="#g">auf dem Mittelwege</hi>,<lb/>
&#x017F;o lange wenig&#x017F;tens, als ihre Politik nicht be-<lb/>
kannt und u&#x0364;bel empfunden wurde; manche em-<lb/>
pfahlen ihre So&#x0364;hne und Verwandte, &#x017F;obald<lb/>
&#x017F;ie Stellen erhielten, die ihnen Stimmen ver-<lb/>
&#x017F;chaften, zu &#x017F;olchen Jahrgeldern; mancher<lb/>
Sohn, manche Frau, wurde aber auch oft,<lb/>
durch a&#x0364;hnliche, von der Gegenpartey des Va-<lb/>
ters, oder des Gemals gewonnen; und in &#x017F;ol-<lb/>
chen Fa&#x0364;llen gab es in einzelnen Familien ein<lb/>
dreyfaches Jntere&#x017F;&#x017F;e und einen Haß, eine Er-<lb/>
bitterung und Auftritte, die am Reichstage<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht heftiger und unan&#x017F;ta&#x0364;ndiger &#x017F;eyn<lb/>
konnten. Wa&#x0364;hrend des Kon&#x017F;titutions-Reichs-<lb/>
tages, de&#x017F;&#x017F;en Handlungen man ha&#x0364;ufig einem<lb/>
reinen Jntere&#x017F;&#x017F;e fu&#x0364;r das Wohl der ge&#x017F;ammten<lb/>
Nation und einer vortheilhaften Vera&#x0364;nderung<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0125] dem Franzoͤſiſch, Saͤchſiſch und Schwediſch waren, dieß ohne Schaam oͤffentlich ſagten, und durch ihre Grundſaͤtze und Handlungen zeigten. Manche nahmen ſogar von allen, die ihnen geben wollten, und blieben bloß deshalb unpartheyiſch, oder auf dem Mittelwege, ſo lange wenigſtens, als ihre Politik nicht be- kannt und uͤbel empfunden wurde; manche em- pfahlen ihre Soͤhne und Verwandte, ſobald ſie Stellen erhielten, die ihnen Stimmen ver- ſchaften, zu ſolchen Jahrgeldern; mancher Sohn, manche Frau, wurde aber auch oft, durch aͤhnliche, von der Gegenpartey des Va- ters, oder des Gemals gewonnen; und in ſol- chen Faͤllen gab es in einzelnen Familien ein dreyfaches Jntereſſe und einen Haß, eine Er- bitterung und Auftritte, die am Reichstage ſelbſt nicht heftiger und unanſtaͤndiger ſeyn konnten. Waͤhrend des Konſtitutions-Reichs- tages, deſſen Handlungen man haͤufig einem reinen Jntereſſe fuͤr das Wohl der geſammten Nation und einer vortheilhaften Veraͤnderung H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/125
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/125>, abgerufen am 28.11.2024.