Auf der entgegengesetzten Seite der Stadt liegt Mariemont, ein anderer Luftort für die Bewohner von Warschau. Nicht weit von der Weichsel, die hier sehr breit ist und meh- rere mit Weiden besetzte Jnseln bildet, erhebt sich über eine Fläche tiefen Sandes, eine mäßi- ge Anhöhe, auf der sich ein einfaches Schlöß- chen befindet, welches das erwähnte Marie- mont ist. Es war ein Jagdschloß der beyden Könige aus dem Sächsischen Hause, und ge- hört letzterm noch, wie das am Eingange auf- gepflanzte Wappen beweiset. Jetzt ist es an einen Unternehmer vermiethet, der Gesellschaf- ten und einzelne Personen aller Art darin bewirthet, vom Handwerksburschen an, bis zum Fürsten. Für letztern ist ein großer Saal, eine Treppe hoch, der den ganzen er- sten Stock einnimmt, mit großen Spiegeln verziert ist und sehr zahlreiche Gesellschaften zu Frühstücken, Mittags- und Nacht-Essen und zu Bällen faßt; für erstern sind Zimmer im Erdgeschoß, und hölzerne Bänke und Tische
Auf der entgegengeſetzten Seite der Stadt liegt Mariemont, ein anderer Luftort fuͤr die Bewohner von Warſchau. Nicht weit von der Weichſel, die hier ſehr breit iſt und meh- rere mit Weiden beſetzte Jnſeln bildet, erhebt ſich uͤber eine Flaͤche tiefen Sandes, eine maͤßi- ge Anhoͤhe, auf der ſich ein einfaches Schloͤß- chen befindet, welches das erwaͤhnte Marie- mont iſt. Es war ein Jagdſchloß der beyden Koͤnige aus dem Saͤchſiſchen Hauſe, und ge- hoͤrt letzterm noch, wie das am Eingange auf- gepflanzte Wappen beweiſet. Jetzt iſt es an einen Unternehmer vermiethet, der Geſellſchaf- ten und einzelne Perſonen aller Art darin bewirthet, vom Handwerksburſchen an, bis zum Fuͤrſten. Fuͤr letztern iſt ein großer Saal, eine Treppe hoch, der den ganzen er- ſten Stock einnimmt, mit großen Spiegeln verziert iſt und ſehr zahlreiche Geſellſchaften zu Fruͤhſtuͤcken, Mittags- und Nacht-Eſſen und zu Baͤllen faßt; fuͤr erſtern ſind Zimmer im Erdgeſchoß, und hoͤlzerne Baͤnke und Tiſche
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Auf der entgegengeſetzten Seite der Stadt
liegt Mariemont, ein anderer Luftort fuͤr
die Bewohner von Warſchau. Nicht weit von
der Weichſel, die hier ſehr breit iſt und meh-
rere mit Weiden beſetzte Jnſeln bildet, erhebt
ſich uͤber eine Flaͤche tiefen Sandes, eine maͤßi-
ge Anhoͤhe, auf der ſich ein einfaches Schloͤß-
chen befindet, welches das erwaͤhnte Marie-
mont iſt. Es war ein Jagdſchloß der beyden
Koͤnige aus dem Saͤchſiſchen Hauſe, und ge-
hoͤrt letzterm noch, wie das am Eingange auf-
gepflanzte Wappen beweiſet. Jetzt iſt es an
einen Unternehmer vermiethet, der Geſellſchaf-
ten und einzelne Perſonen aller Art darin
bewirthet, vom Handwerksburſchen an, bis
zum Fuͤrſten. Fuͤr letztern iſt ein großer
Saal, eine Treppe hoch, der den ganzen er-
ſten Stock einnimmt, mit großen Spiegeln
verziert iſt und ſehr zahlreiche Geſellſchaften
zu Fruͤhſtuͤcken, Mittags- und Nacht-Eſſen
und zu Baͤllen faßt; fuͤr erſtern ſind Zimmer
im Erdgeſchoß, und hoͤlzerne Baͤnke und Tiſche
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/104>, abgerufen am 22.07.2024.
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