nicht Bischof war, hat vor andern Anwart- schaft auf das nächste erledigte Bißthum, und wer schon Bischof war, auf das nächstaufge- hende reichere. Eben so die weltlichen Kanzler auf die einträglichsten königlichen Güter, auf Woiwodschaften und Kastellaneyen.
Die Groß- und Unterkanzler haben glei- ches Ansehen, und nur diese Unterscheidung findet zwischen beiden Statt, daß der Groß- kanzler den Vortritt hat, und daß der Unter- kanzler, wenn jener abwesend ist, die Geschäfte besorgt. Auch rückt er in dessen Stelle, wenn sie offen wird. Doch ist dies nur der Fall in Kronpolen, wo man den Wechsel zwischen weltlichen und geistlichen Kanzlern erhalten muß; in Lithauen kann der Unterkanzler, bei Besetzung der Großkanzlerstelle, übergangen werden.
Das Amt des Kanzlers ist sehr wichtig und umfassend. Er trägt im Namen des Kö- nigs vor, sowohl am Reichstage als außer demselben bei allen Gelegenheiten, wo der
nicht Biſchof war, hat vor andern Anwart- ſchaft auf das naͤchſte erledigte Bißthum, und wer ſchon Biſchof war, auf das naͤchſtaufge- hende reichere. Eben ſo die weltlichen Kanzler auf die eintraͤglichſten koͤniglichen Guͤter, auf Woiwodſchaften und Kaſtellaneyen.
Die Groß- und Unterkanzler haben glei- ches Anſehen, und nur dieſe Unterſcheidung findet zwiſchen beiden Statt, daß der Groß- kanzler den Vortritt hat, und daß der Unter- kanzler, wenn jener abweſend iſt, die Geſchaͤfte beſorgt. Auch ruͤckt er in deſſen Stelle, wenn ſie offen wird. Doch iſt dies nur der Fall in Kronpolen, wo man den Wechſel zwiſchen weltlichen und geiſtlichen Kanzlern erhalten muß; in Lithauen kann der Unterkanzler, bei Beſetzung der Großkanzlerſtelle, uͤbergangen werden.
Das Amt des Kanzlers iſt ſehr wichtig und umfaſſend. Er traͤgt im Namen des Koͤ- nigs vor, ſowohl am Reichstage als außer demſelben bei allen Gelegenheiten, wo der
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nicht Biſchof war, hat vor andern Anwart-
ſchaft auf das naͤchſte erledigte Bißthum, und
wer ſchon Biſchof war, auf das naͤchſtaufge-
hende reichere. Eben ſo die weltlichen Kanzler
auf die eintraͤglichſten koͤniglichen Guͤter, auf
Woiwodſchaften und Kaſtellaneyen.
Die Groß- und Unterkanzler haben glei-
ches Anſehen, und nur dieſe Unterſcheidung
findet zwiſchen beiden Statt, daß der Groß-
kanzler den Vortritt hat, und daß der Unter-
kanzler, wenn jener abweſend iſt, die Geſchaͤfte
beſorgt. Auch ruͤckt er in deſſen Stelle, wenn
ſie offen wird. Doch iſt dies nur der Fall in
Kronpolen, wo man den Wechſel zwiſchen
weltlichen und geiſtlichen Kanzlern erhalten
muß; in Lithauen kann der Unterkanzler, bei
Beſetzung der Großkanzlerſtelle, uͤbergangen
werden.
Das Amt des Kanzlers iſt ſehr wichtig
und umfaſſend. Er traͤgt im Namen des Koͤ-
nigs vor, ſowohl am Reichstage als außer
demſelben bei allen Gelegenheiten, wo der
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/65>, abgerufen am 16.02.2025.
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