Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

Probe da, was eine vollkommen-freie, voll-
kommen-gleiche Nation gethan hat, um einen
sogenannten Mitbruder zu zwingen, daß er
diese vollkommene Gleichheit vergessen sollte.

Die Bischöfe haben, einer vor den an-
dern, gewisse Auszeichnungen, die sich auf
ihren Rang in der Kirche und im Senate,
und auf den Vortritt beziehen, welche ich aber
hier nicht anführen mag. Der König wählte
sie ehedem und der Papst bestätigte sie; jetzt
schlägt der immerwährende Rath ihm drei
Kandidaten vor, von denen er Einen wählen
muß. Sie können nicht zwei Bißthümer zu-
gleich besitzen; aber man hat Ausnahmen von
dieser Regel. Sie wechseln oft in ihren Stel-
len, und vertauschen bald ein niederes Biß-
thum mit einem höheren, bald ein minder ein-
trägliches mit einem reichern; oft nutzen sie
neben ihrem Bißthum, noch gewisse Abteyen
und Propsteyen, um den Glanz ihrer Würde
zu behaupten. Auf jedem Fall haben sie alle
vortrefliche Einkünfte, aber der Bischof von

Probe da, was eine vollkommen-freie, voll-
kommen-gleiche Nation gethan hat, um einen
ſogenannten Mitbruder zu zwingen, daß er
dieſe vollkommene Gleichheit vergeſſen ſollte.

Die Biſchoͤfe haben, einer vor den an-
dern, gewiſſe Auszeichnungen, die ſich auf
ihren Rang in der Kirche und im Senate,
und auf den Vortritt beziehen, welche ich aber
hier nicht anfuͤhren mag. Der Koͤnig waͤhlte
ſie ehedem und der Papſt beſtaͤtigte ſie; jetzt
ſchlaͤgt der immerwaͤhrende Rath ihm drei
Kandidaten vor, von denen er Einen waͤhlen
muß. Sie koͤnnen nicht zwei Bißthuͤmer zu-
gleich beſitzen; aber man hat Ausnahmen von
dieſer Regel. Sie wechſeln oft in ihren Stel-
len, und vertauſchen bald ein niederes Biß-
thum mit einem hoͤheren, bald ein minder ein-
traͤgliches mit einem reichern; oft nutzen ſie
neben ihrem Bißthum, noch gewiſſe Abteyen
und Propſteyen, um den Glanz ihrer Wuͤrde
zu behaupten. Auf jedem Fall haben ſie alle
vortrefliche Einkuͤnfte, aber der Biſchof von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="37"/>
Probe da, was eine vollkommen-freie, voll-<lb/>
kommen-gleiche Nation gethan hat, um einen<lb/>
&#x017F;ogenannten Mitbruder zu zwingen, daß er<lb/>
die&#x017F;e vollkommene Gleichheit verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Die <hi rendition="#g">Bi&#x017F;cho&#x0364;fe</hi> haben, einer vor den an-<lb/>
dern, gewi&#x017F;&#x017F;e Auszeichnungen, die &#x017F;ich auf<lb/>
ihren Rang in der Kirche und im Senate,<lb/>
und auf den Vortritt beziehen, welche ich aber<lb/>
hier nicht anfu&#x0364;hren mag. Der Ko&#x0364;nig wa&#x0364;hlte<lb/>
&#x017F;ie ehedem und der Pap&#x017F;t be&#x017F;ta&#x0364;tigte &#x017F;ie; jetzt<lb/>
&#x017F;chla&#x0364;gt der immerwa&#x0364;hrende Rath ihm drei<lb/>
Kandidaten vor, von denen er Einen wa&#x0364;hlen<lb/>
muß. Sie ko&#x0364;nnen nicht zwei Bißthu&#x0364;mer zu-<lb/>
gleich be&#x017F;itzen; aber man hat Ausnahmen von<lb/>
die&#x017F;er Regel. Sie wech&#x017F;eln oft in ihren Stel-<lb/>
len, und vertau&#x017F;chen bald ein niederes Biß-<lb/>
thum mit einem ho&#x0364;heren, bald ein minder ein-<lb/>
tra&#x0364;gliches mit einem reichern; oft nutzen &#x017F;ie<lb/>
neben ihrem Bißthum, noch gewi&#x017F;&#x017F;e Abteyen<lb/>
und Prop&#x017F;teyen, um den Glanz ihrer Wu&#x0364;rde<lb/>
zu behaupten. Auf jedem Fall haben &#x017F;ie alle<lb/>
vortrefliche Einku&#x0364;nfte, aber der Bi&#x017F;chof von<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0047] Probe da, was eine vollkommen-freie, voll- kommen-gleiche Nation gethan hat, um einen ſogenannten Mitbruder zu zwingen, daß er dieſe vollkommene Gleichheit vergeſſen ſollte. Die Biſchoͤfe haben, einer vor den an- dern, gewiſſe Auszeichnungen, die ſich auf ihren Rang in der Kirche und im Senate, und auf den Vortritt beziehen, welche ich aber hier nicht anfuͤhren mag. Der Koͤnig waͤhlte ſie ehedem und der Papſt beſtaͤtigte ſie; jetzt ſchlaͤgt der immerwaͤhrende Rath ihm drei Kandidaten vor, von denen er Einen waͤhlen muß. Sie koͤnnen nicht zwei Bißthuͤmer zu- gleich beſitzen; aber man hat Ausnahmen von dieſer Regel. Sie wechſeln oft in ihren Stel- len, und vertauſchen bald ein niederes Biß- thum mit einem hoͤheren, bald ein minder ein- traͤgliches mit einem reichern; oft nutzen ſie neben ihrem Bißthum, noch gewiſſe Abteyen und Propſteyen, um den Glanz ihrer Wuͤrde zu behaupten. Auf jedem Fall haben ſie alle vortrefliche Einkuͤnfte, aber der Biſchof von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/47
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/47>, abgerufen am 24.11.2024.