große Triebräder der polnischen Gesellschaft und Geselligkeit. Einige Bemerkungen dar- über sehe ich ebenfalls für einen andern Platz zurück.
Die kleinen freundschaftlichen Gesellschaf- ten, die sich des Abends ohne Zwang und Putz häufig zusammen zu finden pflegten, wa- ren unstreitig die reizendsten unter allen in Warschau. Anhänglichkeit, Freundschaft und Liebe ordneten sie gewöhnlich an und beseelten sie. Es waren mäßige Cirkel, deren Mitglie- der wechselseitig einander, ihren Herzensb;e- dürfnissen nach, kannten, einander hierin nichts verhehlten, einander trugen, einander Einseitigkeit und Außeichnung verziehen, sich bald in Paare zerstückelten, bald zu kleinen Spielen, bald am Flügel, wieder sammle- ten. Frohsinn und Ungezwungenheit waren ihr Band, sanftere Gefühle ihre Nahrung, witzige Unterhaltung die Lückenbüßerin. Jn diesen ergoß sich die ganze Liebensw;ürdigkeit
große Triebraͤder der polniſchen Geſellſchaft und Geſelligkeit. Einige Bemerkungen dar- uͤber ſehe ich ebenfalls fuͤr einen andern Platz zuruͤck.
Die kleinen freundſchaftlichen Geſellſchaf- ten, die ſich des Abends ohne Zwang und Putz haͤufig zuſammen zu finden pflegten, wa- ren unſtreitig die reizendſten unter allen in Warſchau. Anhaͤnglichkeit, Freundſchaft und Liebe ordneten ſie gewoͤhnlich an und beſeelten ſie. Es waren maͤßige Cirkel, deren Mitglie- der wechſelſeitig einander, ihren Herzensb;e- duͤrfniſſen nach, kannten, einander hierin nichts verhehlten, einander trugen, einander Einſeitigkeit und Auſzeichnung verziehen, ſich bald in Paare zerſtuͤckelten, bald zu kleinen Spielen, bald am Fluͤgel, wieder ſammle- ten. Frohſinn und Ungezwungenheit waren ihr Band, ſanftere Gefuͤhle ihre Nahrung, witzige Unterhaltung die Luͤckenbuͤßerin. Jn dieſen ergoß ſich die ganze Liebensw;uͤrdigkeit
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[200/0210]
große Triebraͤder der polniſchen Geſellſchaft
und Geſelligkeit. Einige Bemerkungen dar-
uͤber ſehe ich ebenfalls fuͤr einen andern Platz
zuruͤck.
Die kleinen freundſchaftlichen Geſellſchaf-
ten, die ſich des Abends ohne Zwang und
Putz haͤufig zuſammen zu finden pflegten, wa-
ren unſtreitig die reizendſten unter allen in
Warſchau. Anhaͤnglichkeit, Freundſchaft und
Liebe ordneten ſie gewoͤhnlich an und beſeelten
ſie. Es waren maͤßige Cirkel, deren Mitglie-
der wechſelſeitig einander, ihren Herzensb;e-
duͤrfniſſen nach, kannten, einander hierin
nichts verhehlten, einander trugen, einander
Einſeitigkeit und Auſzeichnung verziehen, ſich
bald in Paare zerſtuͤckelten, bald zu kleinen
Spielen, bald am Fluͤgel, wieder ſammle-
ten. Frohſinn und Ungezwungenheit waren
ihr Band, ſanftere Gefuͤhle ihre Nahrung,
witzige Unterhaltung die Luͤckenbuͤßerin. Jn
dieſen ergoß ſich die ganze Liebensw;uͤrdigkeit
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/210>, abgerufen am 16.02.2025.
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