befanden sie sich noch unter den Königen vom Jagellonischen Stamme.
Aber Polen ward nicht sobald ein voll- kommenes Wahlreich, als bei jeder neuen Kö- nigswahl die Städte, wie die Könige selbst, einige von ihren Vorrechten verloren, und so nach und nach in den Zustand kamen, worin sie jetzt sind. Der Adel unterdrückte diese seine Nebenbuhler, die er geringschätzte und doch, ihres Fleißes und Verkehrs wegen, beneidete, gänzlich. Die ihnen noch übrigen Vorrechte bedeuten in der That wenig, seitdem ihnen jene wichtigern genommen sind, die ihnen allein den Genuß derselben sichern konnten. Jetzt giebt ihnen der Adel auf dem Reichstage Gesetze, richtet sie in den Assessorial-Gerich- ten und schränkt sie auf den Bezirk ihrer Stadt und innerhalb der Gränzen ihres Ge- werbes ein.
Die Urheber der Konstitution vom 3ten May 1791 sahen wohl, wo man diesen
befanden ſie ſich noch unter den Koͤnigen vom Jagelloniſchen Stamme.
Aber Polen ward nicht ſobald ein voll- kommenes Wahlreich, als bei jeder neuen Koͤ- nigswahl die Staͤdte, wie die Koͤnige ſelbſt, einige von ihren Vorrechten verloren, und ſo nach und nach in den Zuſtand kamen, worin ſie jetzt ſind. Der Adel unterdruͤckte dieſe ſeine Nebenbuhler, die er geringſchaͤtzte und doch, ihres Fleißes und Verkehrs wegen, beneidete, gaͤnzlich. Die ihnen noch uͤbrigen Vorrechte bedeuten in der That wenig, ſeitdem ihnen jene wichtigern genommen ſind, die ihnen allein den Genuß derſelben ſichern konnten. Jetzt giebt ihnen der Adel auf dem Reichstage Geſetze, richtet ſie in den Aſſeſſorial-Gerich- ten und ſchraͤnkt ſie auf den Bezirk ihrer Stadt und innerhalb der Graͤnzen ihres Ge- werbes ein.
Die Urheber der Konſtitution vom 3ten May 1791 ſahen wohl, wo man dieſen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0116"n="106"/>
befanden ſie ſich noch unter den Koͤnigen vom<lb/>
Jagelloniſchen Stamme.</p><lb/><p>Aber Polen ward nicht ſobald ein voll-<lb/>
kommenes Wahlreich, als bei jeder neuen Koͤ-<lb/>
nigswahl die Staͤdte, wie die Koͤnige ſelbſt,<lb/>
einige von ihren Vorrechten verloren, und ſo<lb/>
nach und nach in den Zuſtand kamen, worin<lb/>ſie jetzt ſind. Der Adel unterdruͤckte dieſe ſeine<lb/>
Nebenbuhler, die er geringſchaͤtzte und doch,<lb/>
ihres Fleißes und Verkehrs wegen, beneidete,<lb/>
gaͤnzlich. Die ihnen noch uͤbrigen Vorrechte<lb/>
bedeuten in der That wenig, ſeitdem ihnen<lb/>
jene wichtigern genommen ſind, die ihnen<lb/>
allein den Genuß derſelben ſichern konnten.<lb/>
Jetzt giebt ihnen der Adel auf dem Reichstage<lb/>
Geſetze, richtet ſie in den Aſſeſſorial-Gerich-<lb/>
ten und ſchraͤnkt ſie auf den Bezirk ihrer<lb/>
Stadt und innerhalb der Graͤnzen ihres Ge-<lb/>
werbes ein.</p><lb/><p>Die Urheber der Konſtitution vom 3ten<lb/>
May 1791 ſahen wohl, wo man dieſen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0116]
befanden ſie ſich noch unter den Koͤnigen vom
Jagelloniſchen Stamme.
Aber Polen ward nicht ſobald ein voll-
kommenes Wahlreich, als bei jeder neuen Koͤ-
nigswahl die Staͤdte, wie die Koͤnige ſelbſt,
einige von ihren Vorrechten verloren, und ſo
nach und nach in den Zuſtand kamen, worin
ſie jetzt ſind. Der Adel unterdruͤckte dieſe ſeine
Nebenbuhler, die er geringſchaͤtzte und doch,
ihres Fleißes und Verkehrs wegen, beneidete,
gaͤnzlich. Die ihnen noch uͤbrigen Vorrechte
bedeuten in der That wenig, ſeitdem ihnen
jene wichtigern genommen ſind, die ihnen
allein den Genuß derſelben ſichern konnten.
Jetzt giebt ihnen der Adel auf dem Reichstage
Geſetze, richtet ſie in den Aſſeſſorial-Gerich-
ten und ſchraͤnkt ſie auf den Bezirk ihrer
Stadt und innerhalb der Graͤnzen ihres Ge-
werbes ein.
Die Urheber der Konſtitution vom 3ten
May 1791 ſahen wohl, wo man dieſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/116>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.