mit seinem Grundherrn. Da aber sein Ver- trag mit ihm ohne Wissen und Bestätigung des Staats geschlossen worden, und da er der schwächere ist: so hängt er immer von dem bessern oder schlechtern Willen seines Grund- herrn ab, und seine Rechte sind jedem Ein- drange bloß gestellt. Das Loos dieser Klasse ist sonach Unterwürfigkeit, Faulheit und Ar- muth und was daraus natürlich folgt.
Wie sich die Bewohner der adelichen Städte zum Bauer verhalten, so verhalten sich die in den königlichen Städten zu den Bewohnern der adelichen. Sie stehen eine Stufe höher, weil ihre Vorrechte und persönliche Freiheit weniger leicht beeinträchti- get werden können. Sie haben ihre eigenen Magisträte, welche ihre innern Angelegenhei- ten besorgen, und die, wie diese Städte über- haupt, unmittelbar unter den Hof- oder Kanzleygerichten stehen, an die sie sich auch bei Mißhandlungen oder Beeinträchtigun- gen von Seiten ihrer Nachbarn, der Edelleute
mit ſeinem Grundherrn. Da aber ſein Ver- trag mit ihm ohne Wiſſen und Beſtaͤtigung des Staats geſchloſſen worden, und da er der ſchwaͤchere iſt: ſo haͤngt er immer von dem beſſern oder ſchlechtern Willen ſeines Grund- herrn ab, und ſeine Rechte ſind jedem Ein- drange bloß geſtellt. Das Loos dieſer Klaſſe iſt ſonach Unterwuͤrfigkeit, Faulheit und Ar- muth und was daraus natuͤrlich folgt.
Wie ſich die Bewohner der adelichen Staͤdte zum Bauer verhalten, ſo verhalten ſich die in den koͤniglichen Staͤdten zu den Bewohnern der adelichen. Sie ſtehen eine Stufe hoͤher, weil ihre Vorrechte und perſoͤnliche Freiheit weniger leicht beeintraͤchti- get werden koͤnnen. Sie haben ihre eigenen Magiſtraͤte, welche ihre innern Angelegenhei- ten beſorgen, und die, wie dieſe Staͤdte uͤber- haupt, unmittelbar unter den Hof- oder Kanzleygerichten ſtehen, an die ſie ſich auch bei Mißhandlungen oder Beeintraͤchtigun- gen von Seiten ihrer Nachbarn, der Edelleute
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mit ſeinem Grundherrn. Da aber ſein Ver-
trag mit ihm ohne Wiſſen und Beſtaͤtigung
des Staats geſchloſſen worden, und da er der
ſchwaͤchere iſt: ſo haͤngt er immer von dem
beſſern oder ſchlechtern Willen ſeines Grund-
herrn ab, und ſeine Rechte ſind jedem Ein-
drange bloß geſtellt. Das Loos dieſer Klaſſe
iſt ſonach Unterwuͤrfigkeit, Faulheit und Ar-
muth und was daraus natuͤrlich folgt.
Wie ſich die Bewohner der adelichen
Staͤdte zum Bauer verhalten, ſo verhalten
ſich die in den koͤniglichen Staͤdten zu
den Bewohnern der adelichen. Sie ſtehen
eine Stufe hoͤher, weil ihre Vorrechte und
perſoͤnliche Freiheit weniger leicht beeintraͤchti-
get werden koͤnnen. Sie haben ihre eigenen
Magiſtraͤte, welche ihre innern Angelegenhei-
ten beſorgen, und die, wie dieſe Staͤdte uͤber-
haupt, unmittelbar unter den Hof- oder
Kanzleygerichten ſtehen, an die ſie ſich
auch bei Mißhandlungen oder Beeintraͤchtigun-
gen von Seiten ihrer Nachbarn, der Edelleute
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/113>, abgerufen am 01.07.2024.
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