lassen. Jch sage gewagt, denn ein Wag- stück ist es immer. Die Sklaverey verdirbt das menschliche Herz, und plötzlich zugestan- dene Freiheit reitzt den Uebermuth. Vielleicht ist es auch im gegenwärtigen Augenblicke ge- fährlicher als sonst, diesen Schritt zu thun. Man könnte aber die Menschen allmählig darauf vorbereiten, in der Art, wie ich schon oben geäußert habe. Das Gefühl, etwas Eigenes zu besitzen, ist ein angenehmes, er- munterndes Gefühl und gewährt dem rohe- sten Gemüthe Anhänglichkeit für den, der es ihm verschaft. Wenigstens haben die er- wähnten polnischen Großen diese Erfahrung gemacht. Zamoiski, der Gesetzgeber, Czar- toryski, Großfähnrich von Lithauen, Chrep- towicz, der noch lebende lithauische Unter- kanzler, der Neffe des Königs, Prinz Sta- nislaus Poniatowski, der Feldherr Oginski, Jgnaz Potocki u. a. haben mehrere ihrer Dörfer frei gelassen. Unter an- dern benahm sich Zamoiski sehr weise dabei.
G 2
laſſen. Jch ſage gewagt, denn ein Wag- ſtuͤck iſt es immer. Die Sklaverey verdirbt das menſchliche Herz, und ploͤtzlich zugeſtan- dene Freiheit reitzt den Uebermuth. Vielleicht iſt es auch im gegenwaͤrtigen Augenblicke ge- faͤhrlicher als ſonſt, dieſen Schritt zu thun. Man koͤnnte aber die Menſchen allmaͤhlig darauf vorbereiten, in der Art, wie ich ſchon oben geaͤußert habe. Das Gefuͤhl, etwas Eigenes zu beſitzen, iſt ein angenehmes, er- munterndes Gefuͤhl und gewaͤhrt dem rohe- ſten Gemuͤthe Anhaͤnglichkeit fuͤr den, der es ihm verſchaft. Wenigſtens haben die er- waͤhnten polniſchen Großen dieſe Erfahrung gemacht. Zamoiski, der Geſetzgeber, Czar- toryski, Großfaͤhnrich von Lithauen, Chrep- towicz, der noch lebende lithauiſche Unter- kanzler, der Neffe des Koͤnigs, Prinz Sta- nislaus Poniatowski, der Feldherr Oginski, Jgnaz Potocki u. a. haben mehrere ihrer Doͤrfer frei gelaſſen. Unter an- dern benahm ſich Zamoiski ſehr weiſe dabei.
G 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0109"n="99"/>
laſſen. Jch ſage <hirendition="#g">gewagt</hi>, denn ein Wag-<lb/>ſtuͤck iſt es immer. Die Sklaverey verdirbt<lb/>
das menſchliche Herz, und ploͤtzlich zugeſtan-<lb/>
dene Freiheit reitzt den Uebermuth. Vielleicht<lb/>
iſt es auch im gegenwaͤrtigen Augenblicke ge-<lb/>
faͤhrlicher als ſonſt, dieſen Schritt zu thun.<lb/>
Man koͤnnte aber die Menſchen allmaͤhlig<lb/>
darauf vorbereiten, in der Art, wie ich ſchon<lb/>
oben geaͤußert habe. Das Gefuͤhl, etwas<lb/>
Eigenes zu beſitzen, iſt ein angenehmes, er-<lb/>
munterndes Gefuͤhl und gewaͤhrt dem rohe-<lb/>ſten Gemuͤthe Anhaͤnglichkeit fuͤr den, der<lb/>
es ihm verſchaft. Wenigſtens haben die er-<lb/>
waͤhnten polniſchen Großen dieſe Erfahrung<lb/>
gemacht. <hirendition="#g">Zamoiski</hi>, der Geſetzgeber, <hirendition="#g">Czar-<lb/>
toryski</hi>, Großfaͤhnrich von Lithauen, <hirendition="#g">Chrep-<lb/>
towicz</hi>, der noch lebende lithauiſche Unter-<lb/>
kanzler, der Neffe des Koͤnigs, Prinz <hirendition="#g">Sta-<lb/>
nislaus Poniatowski</hi>, der Feldherr<lb/><hirendition="#g">Oginski</hi>, <hirendition="#g">Jgnaz Potocki</hi> u. a. haben<lb/>
mehrere ihrer Doͤrfer frei gelaſſen. Unter an-<lb/>
dern benahm ſich Zamoiski ſehr weiſe dabei.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">G 2</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[99/0109]
laſſen. Jch ſage gewagt, denn ein Wag-
ſtuͤck iſt es immer. Die Sklaverey verdirbt
das menſchliche Herz, und ploͤtzlich zugeſtan-
dene Freiheit reitzt den Uebermuth. Vielleicht
iſt es auch im gegenwaͤrtigen Augenblicke ge-
faͤhrlicher als ſonſt, dieſen Schritt zu thun.
Man koͤnnte aber die Menſchen allmaͤhlig
darauf vorbereiten, in der Art, wie ich ſchon
oben geaͤußert habe. Das Gefuͤhl, etwas
Eigenes zu beſitzen, iſt ein angenehmes, er-
munterndes Gefuͤhl und gewaͤhrt dem rohe-
ſten Gemuͤthe Anhaͤnglichkeit fuͤr den, der
es ihm verſchaft. Wenigſtens haben die er-
waͤhnten polniſchen Großen dieſe Erfahrung
gemacht. Zamoiski, der Geſetzgeber, Czar-
toryski, Großfaͤhnrich von Lithauen, Chrep-
towicz, der noch lebende lithauiſche Unter-
kanzler, der Neffe des Koͤnigs, Prinz Sta-
nislaus Poniatowski, der Feldherr
Oginski, Jgnaz Potocki u. a. haben
mehrere ihrer Doͤrfer frei gelaſſen. Unter an-
dern benahm ſich Zamoiski ſehr weiſe dabei.
G 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/109>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.