sik und aus allen Fenstern sahen, und vor je- der Thür standen, Menschen mit fröhlichen, freylich ziemlich hochroth gefärbten Sonntags- gesichtern und aufgetriebenen Zügen, welche auf die Art ihres Genusses deuteten. Da eine beträchtliche Abtheilung Polnischer Jn- fanterie hier stand, so lieferte diese die Stutzer für die Stutzerinnen aus der Küche und den Schenkstuben, und das Verkehr dieser lustigen Bande war wirklich praktischer und weniger versteckt oder decent (wie man es heißt) als ihres Gleichen aus der großen Welt es zu unterhalten pflegen.
Dies Städtchen gehört der Schwester des Königs, "Madame de Cracovie", Witwe des Hetman Branicki*) Es ist hier ein Schloß, mit einem geräumigen, gut unterhaltenen Gar- ten. Jn dem Gebäude selbst herrscht ein re- gelmäßiger Jtaliänischer Geschmack, und die Menge von Säulen, die seit 10 oder 15 Jah- ren fast alle neuere Palläste stützen zu sollen
*) Lies Branicki.
ſik und aus allen Fenſtern ſahen, und vor je- der Thuͤr ſtanden, Menſchen mit froͤhlichen, freylich ziemlich hochroth gefaͤrbten Sonntags- geſichtern und aufgetriebenen Zuͤgen, welche auf die Art ihres Genuſſes deuteten. Da eine betraͤchtliche Abtheilung Polniſcher Jn- fanterie hier ſtand, ſo lieferte dieſe die Stutzer fuͤr die Stutzerinnen aus der Kuͤche und den Schenkſtuben, und das Verkehr dieſer luſtigen Bande war wirklich praktiſcher und weniger verſteckt oder decent (wie man es heißt) als ihres Gleichen aus der großen Welt es zu unterhalten pflegen.
Dies Staͤdtchen gehoͤrt der Schweſter des Koͤnigs, “Madame de Cracovie”, Witwe des Hetman Branicki*) Es iſt hier ein Schloß, mit einem geraͤumigen, gut unterhaltenen Gar- ten. Jn dem Gebaͤude ſelbſt herrſcht ein re- gelmaͤßiger Jtaliaͤniſcher Geſchmack, und die Menge von Saͤulen, die ſeit 10 oder 15 Jah- ren faſt alle neuere Pallaͤſte ſtuͤtzen zu ſollen
*) Lies Branicki.
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ſik und aus allen Fenſtern ſahen, und vor je-
der Thuͤr ſtanden, Menſchen mit froͤhlichen,
freylich ziemlich hochroth gefaͤrbten Sonntags-
geſichtern und aufgetriebenen Zuͤgen, welche
auf die Art ihres Genuſſes deuteten. Da
eine betraͤchtliche Abtheilung Polniſcher Jn-
fanterie hier ſtand, ſo lieferte dieſe die Stutzer
fuͤr die Stutzerinnen aus der Kuͤche und den
Schenkſtuben, und das Verkehr dieſer luſtigen
Bande war wirklich praktiſcher und weniger
verſteckt oder decent (wie man es heißt)
als ihres Gleichen aus der großen Welt es
zu unterhalten pflegen.
Dies Staͤdtchen gehoͤrt der Schweſter des
Koͤnigs, “Madame de Cracovie”, Witwe des
Hetman Branicki *) Es iſt hier ein Schloß,
mit einem geraͤumigen, gut unterhaltenen Gar-
ten. Jn dem Gebaͤude ſelbſt herrſcht ein re-
gelmaͤßiger Jtaliaͤniſcher Geſchmack, und die
Menge von Saͤulen, die ſeit 10 oder 15 Jah-
ren faſt alle neuere Pallaͤſte ſtuͤtzen zu ſollen
*) Lies Branicki.
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/65>, abgerufen am 03.07.2024.
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