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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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und Anstand; nicht jenes sklavisch höfliche We-
sen, das man an den übrigen Lithauischen
Bauern bedauert. Sie näherten sich mir ohne
Scheu und entfernten sich ohne auf mich zu
achten. Jch trat in ein paar ihrer Häuser
und fand Ordnung und Reinlichkeit. Jn dem
einen bot mir ein junger Mann Brot, But-
ter und Milch mit dem gefälligsten Wesen an.
Jhre Wohnungen sind in zwey Hälften ge-
theilt; die eine ist eine Art von Eß- und
Trinkzimmer, mit einem langen Tisch für die
ganze Hausgenossenschaft; die andre die Ar-
beitsstube, wo man die Spinnräder, Weber-
stühle u. s. w. in Bewegung findet. Nur dies
Lithauische haben die Stuben an sich, daß sie
bloß durch ein Loch, welches ungefähr 1 Fuß
hoch und 11/2 Fuß lang und mit unregelmäßigen
Fensterscheiben ausgesetzt ist, die in Holz ge-
faßt sind, das Tageslicht bekommen. Der
Wohnung gegenüber stehen die Ställe und
Scheuren. -- Die gebrauchten Postpferde
waren kaum abgeschirrt, als die frischen schon

und Anſtand; nicht jenes ſklaviſch hoͤfliche We-
ſen, das man an den uͤbrigen Lithauiſchen
Bauern bedauert. Sie naͤherten ſich mir ohne
Scheu und entfernten ſich ohne auf mich zu
achten. Jch trat in ein paar ihrer Haͤuſer
und fand Ordnung und Reinlichkeit. Jn dem
einen bot mir ein junger Mann Brot, But-
ter und Milch mit dem gefaͤlligſten Weſen an.
Jhre Wohnungen ſind in zwey Haͤlften ge-
theilt; die eine iſt eine Art von Eß- und
Trinkzimmer, mit einem langen Tiſch fuͤr die
ganze Hausgenoſſenſchaft; die andre die Ar-
beitsſtube, wo man die Spinnraͤder, Weber-
ſtuͤhle u. ſ. w. in Bewegung findet. Nur dies
Lithauiſche haben die Stuben an ſich, daß ſie
bloß durch ein Loch, welches ungefaͤhr 1 Fuß
hoch und 1½ Fuß lang und mit unregelmaͤßigen
Fenſterſcheiben ausgeſetzt iſt, die in Holz ge-
faßt ſind, das Tageslicht bekommen. Der
Wohnung gegenuͤber ſtehen die Staͤlle und
Scheuren. — Die gebrauchten Poſtpferde
waren kaum abgeſchirrt, als die friſchen ſchon

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[30/0048] und Anſtand; nicht jenes ſklaviſch hoͤfliche We- ſen, das man an den uͤbrigen Lithauiſchen Bauern bedauert. Sie naͤherten ſich mir ohne Scheu und entfernten ſich ohne auf mich zu achten. Jch trat in ein paar ihrer Haͤuſer und fand Ordnung und Reinlichkeit. Jn dem einen bot mir ein junger Mann Brot, But- ter und Milch mit dem gefaͤlligſten Weſen an. Jhre Wohnungen ſind in zwey Haͤlften ge- theilt; die eine iſt eine Art von Eß- und Trinkzimmer, mit einem langen Tiſch fuͤr die ganze Hausgenoſſenſchaft; die andre die Ar- beitsſtube, wo man die Spinnraͤder, Weber- ſtuͤhle u. ſ. w. in Bewegung findet. Nur dies Lithauiſche haben die Stuben an ſich, daß ſie bloß durch ein Loch, welches ungefaͤhr 1 Fuß hoch und 1½ Fuß lang und mit unregelmaͤßigen Fenſterſcheiben ausgeſetzt iſt, die in Holz ge- faßt ſind, das Tageslicht bekommen. Der Wohnung gegenuͤber ſtehen die Staͤlle und Scheuren. — Die gebrauchten Poſtpferde waren kaum abgeſchirrt, als die friſchen ſchon

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/48>, abgerufen am 27.11.2024.