Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

der Reiterey alle Theile der Stadt durchrit-
ten; eine Maßregel, die um so nöthiger war,
da die Stadt keine Straßenleuchten hatte und
noch nicht hat. Die Häuser wurden be-
ziffert
, und die Hauswirthe mußten von
ihren Hausgenossen der Polizey Meldung thun.
Diese und einige andere Einrichtungen waren
wirklich schon im Jahre 1792 im Umschwun-
ge, aber jetzt sind sie, wie jene Konstitution
selbst, verschwunden und Warschau ist, wie
vorher, sich selbst überlassen. Die Bettler zei-
gen sich schon wieder haufenweise auf den
Straßen und vor den Kirchen; die Wächter
und Streifwachen sind nicht mehr vorhanden,
und die Regierung erfährt nichts mehr von
den Fremden, die, auf längere oder kürzere
Zeit, in Warschau sich verweilen. Der Man-
gel an persönlicher Sicherheit stellte sich mir,
kurz vor Warschau, durch ein gräßliches Zei-
chen dar. An einem Pfahle, der am Wege
stand, hing das Viertheil von einem Menschen,
der, mit einem andern, einen Dritten auf der

L

der Reiterey alle Theile der Stadt durchrit-
ten; eine Maßregel, die um ſo noͤthiger war,
da die Stadt keine Straßenleuchten hatte und
noch nicht hat. Die Haͤuſer wurden be-
ziffert
, und die Hauswirthe mußten von
ihren Hausgenoſſen der Polizey Meldung thun.
Dieſe und einige andere Einrichtungen waren
wirklich ſchon im Jahre 1792 im Umſchwun-
ge, aber jetzt ſind ſie, wie jene Konſtitution
ſelbſt, verſchwunden und Warſchau iſt, wie
vorher, ſich ſelbſt uͤberlaſſen. Die Bettler zei-
gen ſich ſchon wieder haufenweiſe auf den
Straßen und vor den Kirchen; die Waͤchter
und Streifwachen ſind nicht mehr vorhanden,
und die Regierung erfaͤhrt nichts mehr von
den Fremden, die, auf laͤngere oder kuͤrzere
Zeit, in Warſchau ſich verweilen. Der Man-
gel an perſoͤnlicher Sicherheit ſtellte ſich mir,
kurz vor Warſchau, durch ein graͤßliches Zei-
chen dar. An einem Pfahle, der am Wege
ſtand, hing das Viertheil von einem Menſchen,
der, mit einem andern, einen Dritten auf der

L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="161"/>
der Reiterey alle Theile der Stadt durchrit-<lb/>
ten; eine Maßregel, die um &#x017F;o no&#x0364;thiger war,<lb/>
da die Stadt keine Straßenleuchten hatte und<lb/>
noch nicht hat. <hi rendition="#g">Die Ha&#x0364;u&#x017F;er wurden be-<lb/>
ziffert</hi>, und die Hauswirthe mußten von<lb/>
ihren Hausgeno&#x017F;&#x017F;en der Polizey Meldung thun.<lb/>
Die&#x017F;e und einige andere Einrichtungen waren<lb/>
wirklich &#x017F;chon im Jahre 1792 im Um&#x017F;chwun-<lb/>
ge, aber jetzt &#x017F;ind &#x017F;ie, wie jene Kon&#x017F;titution<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, ver&#x017F;chwunden und War&#x017F;chau i&#x017F;t, wie<lb/>
vorher, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en. Die Bettler zei-<lb/>
gen &#x017F;ich &#x017F;chon wieder haufenwei&#x017F;e auf den<lb/>
Straßen und vor den Kirchen; die Wa&#x0364;chter<lb/>
und Streifwachen &#x017F;ind nicht mehr vorhanden,<lb/>
und die Regierung erfa&#x0364;hrt nichts mehr von<lb/>
den Fremden, die, auf la&#x0364;ngere oder ku&#x0364;rzere<lb/>
Zeit, in War&#x017F;chau &#x017F;ich verweilen. Der Man-<lb/>
gel an per&#x017F;o&#x0364;nlicher Sicherheit &#x017F;tellte &#x017F;ich mir,<lb/>
kurz vor War&#x017F;chau, durch ein gra&#x0364;ßliches Zei-<lb/>
chen dar. An einem Pfahle, der am Wege<lb/>
&#x017F;tand, hing das Viertheil von einem Men&#x017F;chen,<lb/>
der, mit einem andern, einen Dritten auf der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0179] der Reiterey alle Theile der Stadt durchrit- ten; eine Maßregel, die um ſo noͤthiger war, da die Stadt keine Straßenleuchten hatte und noch nicht hat. Die Haͤuſer wurden be- ziffert, und die Hauswirthe mußten von ihren Hausgenoſſen der Polizey Meldung thun. Dieſe und einige andere Einrichtungen waren wirklich ſchon im Jahre 1792 im Umſchwun- ge, aber jetzt ſind ſie, wie jene Konſtitution ſelbſt, verſchwunden und Warſchau iſt, wie vorher, ſich ſelbſt uͤberlaſſen. Die Bettler zei- gen ſich ſchon wieder haufenweiſe auf den Straßen und vor den Kirchen; die Waͤchter und Streifwachen ſind nicht mehr vorhanden, und die Regierung erfaͤhrt nichts mehr von den Fremden, die, auf laͤngere oder kuͤrzere Zeit, in Warſchau ſich verweilen. Der Man- gel an perſoͤnlicher Sicherheit ſtellte ſich mir, kurz vor Warſchau, durch ein graͤßliches Zei- chen dar. An einem Pfahle, der am Wege ſtand, hing das Viertheil von einem Menſchen, der, mit einem andern, einen Dritten auf der L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/179
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/179>, abgerufen am 24.11.2024.