auch keine Erkundigungen über den billigern Anschlag ihrer Wohnung und übrigen Bedürf- nisse einziehen; erfahren sie ihn endlich, wenn sie bekannter geworden sind, so haben sie schon einen größern Betrag über den gewöhnlichen Fuß ausgegeben, als sie ersparen können, wenn sie für den Rest ihres Aufenthalts ein ande- res Haus suchen. Auch setzt der erste Haus- wirth, wenn er dieß merkt, seinen Preis ohne Schaam tiefer herunter, als ein anderer es kann, der den Gewinnst des Uebersetzens nicht gezogen hat. Kurz, man denke in Warschau, daß man in Jtalien sey, und man behandle alles genau vorher; man wird zwar auch be- trogen, aber weniger, als wenn man sich (was man vielleicht nur noch in einigen Gegenden von Deutschland wagen kann) der Billigkeit des Wirthes überläßt.
Es sind in Warschau nur wenig, und dar- unter nur drey oder vier gute, Gasthöfe. Dieß kömmt daher, daß zu Reichstagszeiten fast ganz Warschau Ein Gasthof ist. Jn den
auch keine Erkundigungen uͤber den billigern Anſchlag ihrer Wohnung und uͤbrigen Beduͤrf- niſſe einziehen; erfahren ſie ihn endlich, wenn ſie bekannter geworden ſind, ſo haben ſie ſchon einen groͤßern Betrag uͤber den gewoͤhnlichen Fuß ausgegeben, als ſie erſparen koͤnnen, wenn ſie fuͤr den Reſt ihres Aufenthalts ein ande- res Haus ſuchen. Auch ſetzt der erſte Haus- wirth, wenn er dieß merkt, ſeinen Preis ohne Schaam tiefer herunter, als ein anderer es kann, der den Gewinnſt des Ueberſetzens nicht gezogen hat. Kurz, man denke in Warſchau, daß man in Jtalien ſey, und man behandle alles genau vorher; man wird zwar auch be- trogen, aber weniger, als wenn man ſich (was man vielleicht nur noch in einigen Gegenden von Deutſchland wagen kann) der Billigkeit des Wirthes uͤberlaͤßt.
Es ſind in Warſchau nur wenig, und dar- unter nur drey oder vier gute, Gaſthoͤfe. Dieß koͤmmt daher, daß zu Reichstagszeiten faſt ganz Warſchau Ein Gaſthof iſt. Jn den
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auch keine Erkundigungen uͤber den billigern
Anſchlag ihrer Wohnung und uͤbrigen Beduͤrf-
niſſe einziehen; erfahren ſie ihn endlich, wenn
ſie bekannter geworden ſind, ſo haben ſie ſchon
einen groͤßern Betrag uͤber den gewoͤhnlichen
Fuß ausgegeben, als ſie erſparen koͤnnen, wenn
ſie fuͤr den Reſt ihres Aufenthalts ein ande-
res Haus ſuchen. Auch ſetzt der erſte Haus-
wirth, wenn er dieß merkt, ſeinen Preis ohne
Schaam tiefer herunter, als ein anderer es
kann, der den Gewinnſt des Ueberſetzens nicht
gezogen hat. Kurz, man denke in Warſchau,
daß man in Jtalien ſey, und man behandle
alles genau vorher; man wird zwar auch be-
trogen, aber weniger, als wenn man ſich (was
man vielleicht nur noch in einigen Gegenden
von Deutſchland wagen kann) der Billigkeit
des Wirthes uͤberlaͤßt.
Es ſind in Warſchau nur wenig, und dar-
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/166>, abgerufen am 22.07.2024.
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