Die Güterbesitzer führen so lange aus, als sie ein Korn, über ihr eigenes Bedürfniß, be- sitzen; die eine Provinz fragt nicht, ob die an- dere Mangel daran hat, oder nicht. So lange der Fremde nur einen Gulden auf dem Mal- ter mehr giebt, als der Einheimische, so lange bekömmt er alles, was vorräthig ist. Riga, Libau, Memel, Danzig können einer Theu- rung in Süden abhelfen, und der polnische Adel wird sich dadurch freywillig in seinem eignen Lande eine verursachen; Schlesien, Gallizien, West- und Ostpreußen sind eben deßhalb vor jeder beträchtlichen Theurung sicher.
Hat sich Polen, oder vielmehr derjenige Theil des Landes, der einem schiffbaren Flusse, oder den gedachten Städten und Ländern am nächsten liegt, erschöpft: so tritt das Geschäfte des Kornwucherers ein. Er kauft in denjeni- gen Gegenden, denen die Gelegenheit zu Ver- trieb mangelt, das Getreide um einen sehr ge- ringen Preis auf und, die Kosten einer noch
Die Guͤterbeſitzer fuͤhren ſo lange aus, als ſie ein Korn, uͤber ihr eigenes Beduͤrfniß, be- ſitzen; die eine Provinz fragt nicht, ob die an- dere Mangel daran hat, oder nicht. So lange der Fremde nur einen Gulden auf dem Mal- ter mehr giebt, als der Einheimiſche, ſo lange bekoͤmmt er alles, was vorraͤthig iſt. Riga, Libau, Memel, Danzig koͤnnen einer Theu- rung in Suͤden abhelfen, und der polniſche Adel wird ſich dadurch freywillig in ſeinem eignen Lande eine verurſachen; Schleſien, Gallizien, Weſt- und Oſtpreußen ſind eben deßhalb vor jeder betraͤchtlichen Theurung ſicher.
Hat ſich Polen, oder vielmehr derjenige Theil des Landes, der einem ſchiffbaren Fluſſe, oder den gedachten Staͤdten und Laͤndern am naͤchſten liegt, erſchoͤpft: ſo tritt das Geſchaͤfte des Kornwucherers ein. Er kauft in denjeni- gen Gegenden, denen die Gelegenheit zu Ver- trieb mangelt, das Getreide um einen ſehr ge- ringen Preis auf und, die Koſten einer noch
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Die Guͤterbeſitzer fuͤhren ſo lange aus, als
ſie ein Korn, uͤber ihr eigenes Beduͤrfniß, be-
ſitzen; die eine Provinz fragt nicht, ob die an-
dere Mangel daran hat, oder nicht. So lange
der Fremde nur einen Gulden auf dem Mal-
ter mehr giebt, als der Einheimiſche, ſo lange
bekoͤmmt er alles, was vorraͤthig iſt. Riga,
Libau, Memel, Danzig koͤnnen einer Theu-
rung in Suͤden abhelfen, und der polniſche
Adel wird ſich dadurch freywillig in ſeinem
eignen Lande eine verurſachen; Schleſien,
Gallizien, Weſt- und Oſtpreußen ſind eben
deßhalb vor jeder betraͤchtlichen Theurung
ſicher.
Hat ſich Polen, oder vielmehr derjenige
Theil des Landes, der einem ſchiffbaren Fluſſe,
oder den gedachten Staͤdten und Laͤndern am
naͤchſten liegt, erſchoͤpft: ſo tritt das Geſchaͤfte
des Kornwucherers ein. Er kauft in denjeni-
gen Gegenden, denen die Gelegenheit zu Ver-
trieb mangelt, das Getreide um einen ſehr ge-
ringen Preis auf und, die Koſten einer noch
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/154>, abgerufen am 16.02.2025.
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