Jenseits der Weichsel liegt, in einem be- trächtlichen Umfange, Prag, eine Stadt mit ihrem eigenen Rathe, die, wenn zu Winters- zeiten die Brücke abgenommen wird, durch nichts mit Warschau zusammenhängt, die man also irrig mit zu den Vorstädten derselben rech- net. Sie besteht größtentheils aus hölzernen, niedrigen Häusern und wird meist von Juden bewohnt, in deren Mitte ein paar Mönchsor- den nisten, die, so wie jene, mit verlegenen Waaren handeln und nicht in dem besten Ge- ruche stehen.
Jch bringe nun einige nähere Nachrichten von den vorzüglichsten, öffentlichen und Pri- vatpallästen und Gebäuden bey:
Das königliche Schloß*) oder die Burg (poln. Zamek) liegt zwischen der Alt- stadt und der Krakauer Vorstadt fast wie ver- steckt und gewährt keine allgemeine Ansicht. Von woher man sich demselben auch nähert, immer sieht man nur einen Theil davon. Aber
*) Vergl. Berl. Mon. Schr. J. c. S. 559. fg.
Jenſeits der Weichſel liegt, in einem be- traͤchtlichen Umfange, Prag, eine Stadt mit ihrem eigenen Rathe, die, wenn zu Winters- zeiten die Bruͤcke abgenommen wird, durch nichts mit Warſchau zuſammenhaͤngt, die man alſo irrig mit zu den Vorſtaͤdten derſelben rech- net. Sie beſteht groͤßtentheils aus hoͤlzernen, niedrigen Haͤuſern und wird meiſt von Juden bewohnt, in deren Mitte ein paar Moͤnchsor- den niſten, die, ſo wie jene, mit verlegenen Waaren handeln und nicht in dem beſten Ge- ruche ſtehen.
Jch bringe nun einige naͤhere Nachrichten von den vorzuͤglichſten, oͤffentlichen und Pri- vatpallaͤſten und Gebaͤuden bey:
Das koͤnigliche Schloß*) oder die Burg (poln. Zamek) liegt zwiſchen der Alt- ſtadt und der Krakauer Vorſtadt faſt wie ver- ſteckt und gewaͤhrt keine allgemeine Anſicht. Von woher man ſich demſelben auch naͤhert, immer ſieht man nur einen Theil davon. Aber
*) Vergl. Berl. Mon. Schr. J. c. S. 559. fg.
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Jenſeits der Weichſel liegt, in einem be-
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ihrem eigenen Rathe, die, wenn zu Winters-
zeiten die Bruͤcke abgenommen wird, durch
nichts mit Warſchau zuſammenhaͤngt, die man
alſo irrig mit zu den Vorſtaͤdten derſelben rech-
net. Sie beſteht groͤßtentheils aus hoͤlzernen,
niedrigen Haͤuſern und wird meiſt von Juden
bewohnt, in deren Mitte ein paar Moͤnchsor-
den niſten, die, ſo wie jene, mit verlegenen
Waaren handeln und nicht in dem beſten Ge-
ruche ſtehen.
Jch bringe nun einige naͤhere Nachrichten
von den vorzuͤglichſten, oͤffentlichen und Pri-
vatpallaͤſten und Gebaͤuden bey:
Das koͤnigliche Schloß *) oder die
Burg (poln. Zamek) liegt zwiſchen der Alt-
ſtadt und der Krakauer Vorſtadt faſt wie ver-
ſteckt und gewaͤhrt keine allgemeine Anſicht.
Von woher man ſich demſelben auch naͤhert,
immer ſieht man nur einen Theil davon. Aber
*) Vergl. Berl. Mon. Schr. J. c. S. 559.
fg.
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/108>, abgerufen am 21.07.2024.
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