Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.Hier wird der Charakter dieser Stadt am Jn den ältern Gegenden der Stadt sind Hier wird der Charakter dieſer Stadt am Jn den aͤltern Gegenden der Stadt ſind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0104" n="86"/> Hier wird der Charakter dieſer Stadt am<lb/> ſichtbarſten: bey dem allerhoͤchſten Reichthume,<lb/> die allertiefſte Armuth; bey der allerſtudierte-<lb/> ſten Ueppigkeit, der dringendſte Mangel.</p><lb/> <p>Jn den aͤltern Gegenden der Stadt ſind<lb/> die Straßen krumm, enge und finſter; in den<lb/> naͤchſten daran, ſchon breiter, aber immer noch<lb/> krumm; in den entfernteſten gerade, breit und<lb/> lang. Letztre haben aber noch kein Pflaſter<lb/> und ihr Boden bildet, bey regneriſchem Wet-<lb/> ter, einen langen Spiegel von Koth, der nur<lb/> durch die bloßen Fuͤße bezwingbar iſt, auf de-<lb/> nen man hier herum gehet, oder durch die ho-<lb/> hen Raͤder der Reiſewagen und Remiſen, die<lb/> ſich hieher verirren. An warmen und ſonni-<lb/> gen Tagen faͤllt dieſer Koth in einen tiefen<lb/> Staub zuſammen, der, auf den erſten Wind-<lb/> ſtoß oder Hufſchlag, in Wolken aufwirbelt,<lb/> die kein Auge durchdringen kann. Daher<lb/> koͤmmt es, daß man gegen das Elend hier<lb/> herum die Augen zudruͤckt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0104]
Hier wird der Charakter dieſer Stadt am
ſichtbarſten: bey dem allerhoͤchſten Reichthume,
die allertiefſte Armuth; bey der allerſtudierte-
ſten Ueppigkeit, der dringendſte Mangel.
Jn den aͤltern Gegenden der Stadt ſind
die Straßen krumm, enge und finſter; in den
naͤchſten daran, ſchon breiter, aber immer noch
krumm; in den entfernteſten gerade, breit und
lang. Letztre haben aber noch kein Pflaſter
und ihr Boden bildet, bey regneriſchem Wet-
ter, einen langen Spiegel von Koth, der nur
durch die bloßen Fuͤße bezwingbar iſt, auf de-
nen man hier herum gehet, oder durch die ho-
hen Raͤder der Reiſewagen und Remiſen, die
ſich hieher verirren. An warmen und ſonni-
gen Tagen faͤllt dieſer Koth in einen tiefen
Staub zuſammen, der, auf den erſten Wind-
ſtoß oder Hufſchlag, in Wolken aufwirbelt,
die kein Auge durchdringen kann. Daher
koͤmmt es, daß man gegen das Elend hier
herum die Augen zudruͤckt.
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