außerordentlich gut; der Pferdewechsel dauert nie über fünf Minuten; und ein hiesiger Post- knecht würde es für eine Schande halten, seine Rosse auch nur einmal aus dem raschesten Trabe kommen zu lassen.
Da die Straße auch hier schnurgerade gezo- gen ist, so sieht man Mayland lange vor sich, ehe man hinein kömmt. Der Thurm des be- rühmten Doms, oder vielmehr die Spitze (ai- guille) desselben, ragt über die anderen Thürme -- nicht majestätisch -- aber höchst jugendlich und anmuthig hervor, und ihre blendende Weisse, und ihr durchbrochener, gleichsam in die Luft zerfließender, zarter Bau, gewährt dem Auge einen höchst angenehmen Genuß. Jhr Bau- meister hat in der That weniger gefürchtet, sie zu mager, als zu plump zu machen.
Beym Eintritt in die Stadt hatte ich eine lange, breite, aber nicht durch aus gerade, Straße vor mir, die ich eine Strecke hin noch nicht ge- pflastert fand, an deren Seiten aber der dazu nöthige Baustoff schon bereit lag. Die Häuser
außerordentlich gut; der Pferdewechſel dauert nie uͤber fuͤnf Minuten; und ein hieſiger Poſt- knecht wuͤrde es fuͤr eine Schande halten, ſeine Roſſe auch nur einmal aus dem raſcheſten Trabe kommen zu laſſen.
Da die Straße auch hier ſchnurgerade gezo- gen iſt, ſo ſieht man Mayland lange vor ſich, ehe man hinein koͤmmt. Der Thurm des be- ruͤhmten Doms, oder vielmehr die Spitze (ai- guille) deſſelben, ragt uͤber die anderen Thuͤrme — nicht majeſtaͤtiſch — aber hoͤchſt jugendlich und anmuthig hervor, und ihre blendende Weiſſe, und ihr durchbrochener, gleichſam in die Luft zerfließender, zarter Bau, gewaͤhrt dem Auge einen hoͤchſt angenehmen Genuß. Jhr Bau- meiſter hat in der That weniger gefuͤrchtet, ſie zu mager, als zu plump zu machen.
Beym Eintritt in die Stadt hatte ich eine lange, breite, aber nicht durch aus gerade, Straße vor mir, die ich eine Strecke hin noch nicht ge- pflaſtert fand, an deren Seiten aber der dazu noͤthige Bauſtoff ſchon bereit lag. Die Haͤuſer
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außerordentlich gut; der Pferdewechſel dauert
nie uͤber fuͤnf Minuten; und ein hieſiger Poſt-
knecht wuͤrde es fuͤr eine Schande halten, ſeine
Roſſe auch nur einmal aus dem raſcheſten Trabe
kommen zu laſſen.
Da die Straße auch hier ſchnurgerade gezo-
gen iſt, ſo ſieht man Mayland lange vor ſich,
ehe man hinein koͤmmt. Der Thurm des be-
ruͤhmten Doms, oder vielmehr die Spitze (ai-
guille) deſſelben, ragt uͤber die anderen Thuͤrme
— nicht majeſtaͤtiſch — aber hoͤchſt jugendlich
und anmuthig hervor, und ihre blendende Weiſſe,
und ihr durchbrochener, gleichſam in die Luft
zerfließender, zarter Bau, gewaͤhrt dem Auge
einen hoͤchſt angenehmen Genuß. Jhr Bau-
meiſter hat in der That weniger gefuͤrchtet, ſie
zu mager, als zu plump zu machen.
Beym Eintritt in die Stadt hatte ich eine
lange, breite, aber nicht durch aus gerade, Straße
vor mir, die ich eine Strecke hin noch nicht ge-
pflaſtert fand, an deren Seiten aber der dazu
noͤthige Bauſtoff ſchon bereit lag. Die Haͤuſer
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Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/263>, abgerufen am 16.02.2025.
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