Marmorpfeiler, aus einem einzigen ungeheu- ren Block gehauen, sich ausnimmt. Und, in der That, man erblickt noch jetzt keinen aus- gefallenen oder ausgewitterten Stein daran. Oberhalb des erwähnten ersten Geländers, hat man diesen Thurm in neuern Zeiten noch mit zwey andern und mit einer Spitze erhöhet; eine Arbeit, wobey der neuere Baumeister das Vorbild von Einfalt und Kühnheit bey wei- tem nicht erreicht hat, das ihm der Baumei- ster des alten Werks auf eine so unverkenn- bare Art vorgelegt hatte.
Unmittelbar unter dem ersten Geländer befindet sich der Glockenstuhl, welcher, der Liebhaberey der Alten gemäß, sieben große, wohlklingende Glocken enthielt. Der Thür- mer, mein Führer, nöthigte mich mit auffal- lender Heiterkeit unter die Balken, woran sie hingen, hinein, und ließ mich auf einem höl- zernen Stuhl Platz nehmen, unter der An- kündigung: er wolle mir etwas zeigen, daß ich noch nie gesehen haben müßte. Zugleich
Marmorpfeiler, aus einem einzigen ungeheu- ren Block gehauen, ſich ausnimmt. Und, in der That, man erblickt noch jetzt keinen aus- gefallenen oder ausgewitterten Stein daran. Oberhalb des erwaͤhnten erſten Gelaͤnders, hat man dieſen Thurm in neuern Zeiten noch mit zwey andern und mit einer Spitze erhoͤhet; eine Arbeit, wobey der neuere Baumeiſter das Vorbild von Einfalt und Kuͤhnheit bey wei- tem nicht erreicht hat, das ihm der Baumei- ſter des alten Werks auf eine ſo unverkenn- bare Art vorgelegt hatte.
Unmittelbar unter dem erſten Gelaͤnder befindet ſich der Glockenſtuhl, welcher, der Liebhaberey der Alten gemaͤß, ſieben große, wohlklingende Glocken enthielt. Der Thuͤr- mer, mein Fuͤhrer, noͤthigte mich mit auffal- lender Heiterkeit unter die Balken, woran ſie hingen, hinein, und ließ mich auf einem hoͤl- zernen Stuhl Platz nehmen, unter der An- kuͤndigung: er wolle mir etwas zeigen, daß ich noch nie geſehen haben muͤßte. Zugleich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0254"n="246"/>
Marmorpfeiler, aus einem einzigen ungeheu-<lb/>
ren Block gehauen, ſich ausnimmt. Und, in<lb/>
der That, man erblickt noch jetzt keinen aus-<lb/>
gefallenen oder ausgewitterten Stein daran.<lb/>
Oberhalb des erwaͤhnten erſten Gelaͤnders, hat<lb/>
man dieſen Thurm in neuern Zeiten noch mit<lb/>
zwey andern und mit einer Spitze erhoͤhet;<lb/>
eine Arbeit, wobey der neuere Baumeiſter das<lb/>
Vorbild von Einfalt und Kuͤhnheit bey wei-<lb/>
tem nicht erreicht hat, das ihm der Baumei-<lb/>ſter des alten Werks auf eine ſo unverkenn-<lb/>
bare Art vorgelegt hatte.</p><lb/><p>Unmittelbar unter dem erſten Gelaͤnder<lb/>
befindet ſich der Glockenſtuhl, welcher, der<lb/>
Liebhaberey der Alten gemaͤß, ſieben große,<lb/>
wohlklingende Glocken enthielt. Der Thuͤr-<lb/>
mer, mein Fuͤhrer, noͤthigte mich mit auffal-<lb/>
lender Heiterkeit unter die Balken, woran ſie<lb/>
hingen, hinein, und ließ mich auf einem hoͤl-<lb/>
zernen Stuhl Platz nehmen, unter der An-<lb/>
kuͤndigung: er wolle mir etwas zeigen, daß<lb/>
ich noch nie geſehen haben muͤßte. Zugleich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[246/0254]
Marmorpfeiler, aus einem einzigen ungeheu-
ren Block gehauen, ſich ausnimmt. Und, in
der That, man erblickt noch jetzt keinen aus-
gefallenen oder ausgewitterten Stein daran.
Oberhalb des erwaͤhnten erſten Gelaͤnders, hat
man dieſen Thurm in neuern Zeiten noch mit
zwey andern und mit einer Spitze erhoͤhet;
eine Arbeit, wobey der neuere Baumeiſter das
Vorbild von Einfalt und Kuͤhnheit bey wei-
tem nicht erreicht hat, das ihm der Baumei-
ſter des alten Werks auf eine ſo unverkenn-
bare Art vorgelegt hatte.
Unmittelbar unter dem erſten Gelaͤnder
befindet ſich der Glockenſtuhl, welcher, der
Liebhaberey der Alten gemaͤß, ſieben große,
wohlklingende Glocken enthielt. Der Thuͤr-
mer, mein Fuͤhrer, noͤthigte mich mit auffal-
lender Heiterkeit unter die Balken, woran ſie
hingen, hinein, und ließ mich auf einem hoͤl-
zernen Stuhl Platz nehmen, unter der An-
kuͤndigung: er wolle mir etwas zeigen, daß
ich noch nie geſehen haben muͤßte. Zugleich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/254>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.