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Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797.

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hatten. Denn Julius hat auch das Jnnere
des Pallastes mit seinem zweyten Talent, der
Malerkunst, verschönert.

Wenn es möglich wäre, in dem Falle, daß
Ein großer Kopf Zwey oder Drey Künste in
einem vorzüglichen Grade versteht und aus-
übt, genau zu entscheiden, in welcher von die-
sen Künsten er vorzüglich Meister ist: so
würde es bey Julius Romanus gleichwohl
schwerer, als bey andern ähnlichen Künstlern
werden, zu bestimmen, ob er ein größerer
Maler, oder ein größerer Baumeister gewesen
sey. Mir scheint er beyde Künste in gleich
hohem Grade besessen zu haben, und ich führe
zur Bestätigung meiner Meynung nur die
Wahrnehmung an, daß die Baumeister und
die Maler wechselseitig den größesten Antheil
an seinem Genie sich anmaaßen. Die bloßen
Theoretiker und Kunstrichter halten es hierin
theils mit den Malern, theils mit den Bau-
künstlern. Raphael war auch Baumeister,
aber es ist ausgemacht, daß er ein größerer

hatten. Denn Julius hat auch das Jnnere
des Pallaſtes mit ſeinem zweyten Talent, der
Malerkunſt, verſchoͤnert.

Wenn es moͤglich waͤre, in dem Falle, daß
Ein großer Kopf Zwey oder Drey Kuͤnſte in
einem vorzuͤglichen Grade verſteht und aus-
uͤbt, genau zu entſcheiden, in welcher von die-
ſen Kuͤnſten er vorzuͤglich Meiſter iſt: ſo
wuͤrde es bey Julius Romanus gleichwohl
ſchwerer, als bey andern aͤhnlichen Kuͤnſtlern
werden, zu beſtimmen, ob er ein groͤßerer
Maler, oder ein groͤßerer Baumeiſter geweſen
ſey. Mir ſcheint er beyde Kuͤnſte in gleich
hohem Grade beſeſſen zu haben, und ich fuͤhre
zur Beſtaͤtigung meiner Meynung nur die
Wahrnehmung an, daß die Baumeiſter und
die Maler wechſelſeitig den groͤßeſten Antheil
an ſeinem Genie ſich anmaaßen. Die bloßen
Theoretiker und Kunſtrichter halten es hierin
theils mit den Malern, theils mit den Bau-
kuͤnſtlern. Raphael war auch Baumeiſter,
aber es iſt ausgemacht, daß er ein groͤßerer

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[212/0220] hatten. Denn Julius hat auch das Jnnere des Pallaſtes mit ſeinem zweyten Talent, der Malerkunſt, verſchoͤnert. Wenn es moͤglich waͤre, in dem Falle, daß Ein großer Kopf Zwey oder Drey Kuͤnſte in einem vorzuͤglichen Grade verſteht und aus- uͤbt, genau zu entſcheiden, in welcher von die- ſen Kuͤnſten er vorzuͤglich Meiſter iſt: ſo wuͤrde es bey Julius Romanus gleichwohl ſchwerer, als bey andern aͤhnlichen Kuͤnſtlern werden, zu beſtimmen, ob er ein groͤßerer Maler, oder ein groͤßerer Baumeiſter geweſen ſey. Mir ſcheint er beyde Kuͤnſte in gleich hohem Grade beſeſſen zu haben, und ich fuͤhre zur Beſtaͤtigung meiner Meynung nur die Wahrnehmung an, daß die Baumeiſter und die Maler wechſelſeitig den groͤßeſten Antheil an ſeinem Genie ſich anmaaßen. Die bloßen Theoretiker und Kunſtrichter halten es hierin theils mit den Malern, theils mit den Bau- kuͤnſtlern. Raphael war auch Baumeiſter, aber es iſt ausgemacht, daß er ein groͤßerer

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/220>, abgerufen am 28.11.2024.