Nebenbuhlerinnen und Nebenbuhlern beneidet und von den Fußgängern ausgezeichnet zu werden, wenn sie in irgend etwas jene über- treffen. Aus diesem Grunde macht, wie ich schon erwähnt habe, manche Familie ihren einzigen Aufwand für den Korso und lebt im übrigen sehr kärglich. Dies ist in Verona besonders der Fall, wo man aber auch selbst in diesem Stücke sehr philosophisch denkt; denn ich erinnere mich, unter einer Zahl von hundert und funfzig Kutschen, kaum zwey oder drey gesehen zu haben, worin eine Wie- nerische Hofräthin Sonntags nach dem Pra- ter fahren würde. Auch möchte man in Wien ein Gefolge veronesischer Bedienten, wie es oft auf dem Korso erscheint, vielleicht für halbverhungerte Ofenheitzer, besonders aber die Läufer, für Bettler halten, die der Po- lizey entlaufen wollen. Die Kleidung der ve- ronesischen Herren und Frauen selbst habe ich schon oben bezeichnet, auch ihre Sparsamkeit und Mäßigkeit. Die Fälle sind nach Ver-
Nebenbuhlerinnen und Nebenbuhlern beneidet und von den Fußgaͤngern ausgezeichnet zu werden, wenn ſie in irgend etwas jene uͤber- treffen. Aus dieſem Grunde macht, wie ich ſchon erwaͤhnt habe, manche Familie ihren einzigen Aufwand fuͤr den Korſo und lebt im uͤbrigen ſehr kaͤrglich. Dies iſt in Verona beſonders der Fall, wo man aber auch ſelbſt in dieſem Stuͤcke ſehr philoſophiſch denkt; denn ich erinnere mich, unter einer Zahl von hundert und funfzig Kutſchen, kaum zwey oder drey geſehen zu haben, worin eine Wie- neriſche Hofraͤthin Sonntags nach dem Pra- ter fahren wuͤrde. Auch moͤchte man in Wien ein Gefolge veroneſiſcher Bedienten, wie es oft auf dem Korſo erſcheint, vielleicht fuͤr halbverhungerte Ofenheitzer, beſonders aber die Laͤufer, fuͤr Bettler halten, die der Po- lizey entlaufen wollen. Die Kleidung der ve- roneſiſchen Herren und Frauen ſelbſt habe ich ſchon oben bezeichnet, auch ihre Sparſamkeit und Maͤßigkeit. Die Faͤlle ſind nach Ver-
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Nebenbuhlerinnen und Nebenbuhlern beneidet
und von den Fußgaͤngern ausgezeichnet zu
werden, wenn ſie in irgend etwas jene uͤber-
treffen. Aus dieſem Grunde macht, wie ich
ſchon erwaͤhnt habe, manche Familie ihren
einzigen Aufwand fuͤr den Korſo und lebt
im uͤbrigen ſehr kaͤrglich. Dies iſt in Verona
beſonders der Fall, wo man aber auch ſelbſt
in dieſem Stuͤcke ſehr philoſophiſch denkt;
denn ich erinnere mich, unter einer Zahl von
hundert und funfzig Kutſchen, kaum zwey
oder drey geſehen zu haben, worin eine Wie-
neriſche Hofraͤthin Sonntags nach dem Pra-
ter fahren wuͤrde. Auch moͤchte man in Wien
ein Gefolge veroneſiſcher Bedienten, wie es
oft auf dem Korſo erſcheint, vielleicht fuͤr
halbverhungerte Ofenheitzer, beſonders aber
die Laͤufer, fuͤr Bettler halten, die der Po-
lizey entlaufen wollen. Die Kleidung der ve-
roneſiſchen Herren und Frauen ſelbſt habe ich
ſchon oben bezeichnet, auch ihre Sparſamkeit
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschiene… [mehr]
Die "Neue Reise durch Italien" ist auch erschienen als 7. Heft der "Reise eines Livländers von Riga nach Warschau, durch Südpreußen, über Breslau [...] nach Bozen in Tyrol".
Schulz, Friedrich: Neue Reise durch Italien. Bd. 1, H. 1. Berlin, 1797, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_italien_1797/182>, abgerufen am 16.02.2025.
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