Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Augenblicke -- nein, Monseigneur, die deutschen Mädchen sind nicht leicht erobert, und am wenigsten von einem eiteln Thoren, der sich für unwiderstehlich hält, einem Menschen ohne Loyalität und Sitte, einem Unverschämten, wie Sie! Verfluchter Conde -- das ist dein Werk! Artois knirschte mit den Zähnen und setzte hinzu: Du bist eine Thörin, ich schwöre es dir -- Conde betrügt dich, du wirfst dich weg, indem du das Werkzeug seiner Rache wirst -- er kann immer noch nicht vergessen, was ich seiner Frau auf dem Maskenball zu Versailles gethan, und seitdem -- Er ist verheirathet? schrie Leonore auf, und Todtenblässe überzog ihr Gesicht. Dieser Ausruf ermuthigte Artois wieder. Das wußtest du nicht? Ja, thörichtes Kind, er ist freilich verheirathet, mit niemand Geringerem, als meiner sehr schönen Cousine Louise Marie Therese Bathilde von Orleans -- er hat dir am Ende gar versprochen, dich zu heirathen? ha, ha, ha -- nun siehst du, daß er ein Lügner ist! -- Leonore hatte ihr bleiches Gesicht in ihren Händen geborgen. Artois ergriff noch einmal ihren Arm. Fort -- sagte sie -- versperren Sie mir nicht länger den Weg -- oder ich werde Ihnen etwas sagen, das mir ihn frei macht! Und was wirst du mir sagen, zürnende Diane? Leonore war aufs Aeußerste gebracht. Sie fühlte Augenblicke — nein, Monseigneur, die deutschen Mädchen sind nicht leicht erobert, und am wenigsten von einem eiteln Thoren, der sich für unwiderstehlich hält, einem Menschen ohne Loyalität und Sitte, einem Unverschämten, wie Sie! Verfluchter Condé — das ist dein Werk! Artois knirschte mit den Zähnen und setzte hinzu: Du bist eine Thörin, ich schwöre es dir — Condé betrügt dich, du wirfst dich weg, indem du das Werkzeug seiner Rache wirst — er kann immer noch nicht vergessen, was ich seiner Frau auf dem Maskenball zu Versailles gethan, und seitdem — Er ist verheirathet? schrie Leonore auf, und Todtenblässe überzog ihr Gesicht. Dieser Ausruf ermuthigte Artois wieder. Das wußtest du nicht? Ja, thörichtes Kind, er ist freilich verheirathet, mit niemand Geringerem, als meiner sehr schönen Cousine Louise Marie Therese Bathilde von Orleans — er hat dir am Ende gar versprochen, dich zu heirathen? ha, ha, ha — nun siehst du, daß er ein Lügner ist! — Leonore hatte ihr bleiches Gesicht in ihren Händen geborgen. Artois ergriff noch einmal ihren Arm. Fort — sagte sie — versperren Sie mir nicht länger den Weg — oder ich werde Ihnen etwas sagen, das mir ihn frei macht! Und was wirst du mir sagen, zürnende Diane? Leonore war aufs Aeußerste gebracht. Sie fühlte <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="7"> <p><pb facs="#f0099"/> Augenblicke — nein, Monseigneur, die deutschen Mädchen sind nicht leicht erobert, und am wenigsten von einem eiteln Thoren, der sich für unwiderstehlich hält, einem Menschen ohne Loyalität und Sitte, einem Unverschämten, wie Sie!</p><lb/> <p>Verfluchter Condé — das ist dein Werk! Artois knirschte mit den Zähnen und setzte hinzu: Du bist eine Thörin, ich schwöre es dir — Condé betrügt dich, du wirfst dich weg, indem du das Werkzeug seiner Rache wirst — er kann immer noch nicht vergessen, was ich seiner Frau auf dem Maskenball zu Versailles gethan, und seitdem —</p><lb/> <p>Er ist verheirathet? schrie Leonore auf, und Todtenblässe überzog ihr Gesicht.</p><lb/> <p>Dieser Ausruf ermuthigte Artois wieder.</p><lb/> <p>Das wußtest du nicht? Ja, thörichtes Kind, er ist freilich verheirathet, mit niemand Geringerem, als meiner sehr schönen Cousine Louise Marie Therese Bathilde von Orleans — er hat dir am Ende gar versprochen, dich zu heirathen? ha, ha, ha — nun siehst du, daß er ein Lügner ist! —</p><lb/> <p>Leonore hatte ihr bleiches Gesicht in ihren Händen geborgen. Artois ergriff noch einmal ihren Arm.</p><lb/> <p>Fort — sagte sie — versperren Sie mir nicht länger den Weg — oder ich werde Ihnen etwas sagen, das mir ihn frei macht!</p><lb/> <p>Und was wirst du mir sagen, zürnende Diane?</p><lb/> <p>Leonore war aufs Aeußerste gebracht. Sie fühlte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0099]
Augenblicke — nein, Monseigneur, die deutschen Mädchen sind nicht leicht erobert, und am wenigsten von einem eiteln Thoren, der sich für unwiderstehlich hält, einem Menschen ohne Loyalität und Sitte, einem Unverschämten, wie Sie!
Verfluchter Condé — das ist dein Werk! Artois knirschte mit den Zähnen und setzte hinzu: Du bist eine Thörin, ich schwöre es dir — Condé betrügt dich, du wirfst dich weg, indem du das Werkzeug seiner Rache wirst — er kann immer noch nicht vergessen, was ich seiner Frau auf dem Maskenball zu Versailles gethan, und seitdem —
Er ist verheirathet? schrie Leonore auf, und Todtenblässe überzog ihr Gesicht.
Dieser Ausruf ermuthigte Artois wieder.
Das wußtest du nicht? Ja, thörichtes Kind, er ist freilich verheirathet, mit niemand Geringerem, als meiner sehr schönen Cousine Louise Marie Therese Bathilde von Orleans — er hat dir am Ende gar versprochen, dich zu heirathen? ha, ha, ha — nun siehst du, daß er ein Lügner ist! —
Leonore hatte ihr bleiches Gesicht in ihren Händen geborgen. Artois ergriff noch einmal ihren Arm.
Fort — sagte sie — versperren Sie mir nicht länger den Weg — oder ich werde Ihnen etwas sagen, das mir ihn frei macht!
Und was wirst du mir sagen, zürnende Diane?
Leonore war aufs Aeußerste gebracht. Sie fühlte
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/99 |
Zitationshilfe: | Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/99>, abgerufen am 16.02.2025. |