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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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schön wie der erste, trat in diesem Augenblicke heran.

Monsieur, sagte er lächelnd, aber mit scharfer Betonung, vous avez l'honneur de parler a Son Altesse Royale Monseigneur le comte d'Artois.

Joseph blickte staunend bald den Einen, bald den Andern an. Er war wie angedonnert; ein ungeheurer Respect lähmte seine Zunge, und eine geraume Zeit verging, ehe er nur so viel Besinnung wieder erhielt, seinen Hut abzureißen, sich bis zur Erde zu verbeugen, tausend Entschuldigungen zu stammeln und schleunige Rückkehr zu versprechen, um die Befehle ausführen zu lassen, mit welchen ein königlicher Prinz von Frankreich ihn zu seiner unaussprechlichen Glückseligkeit beehre. Es fehlte wenig, und er hätte aus lauter Diensteifer sich selbst in den Kahn gestürzt, um ihn eine Stunde weit flußaufwärts zu rudern.

Die beiden Herren wollten desselben Weges, den Joseph mit den Frauen zurückzumachen hatte. Diese letzteren schienen Gnade vor dem Auge des königlichen "Sohnes von Frankreich" zu finden, den die Emigration in diese stillen deutschen Thäler geworfen hatte, entfernt von allem Prunke und aller Hoheit, die ihn einst umgeben. Der Graf von Artois reichte Leonoren den Arm, und der andere Herr bemächtigte sich "principis ad exemplar" sofort der kleinen Holländerin.

Ich muß mich selbst vorstellen, sagte dieser, da mein erlauchter Vetter sich nicht dazu herabläßt, mir

schön wie der erste, trat in diesem Augenblicke heran.

Monsieur, sagte er lächelnd, aber mit scharfer Betonung, vous avez l’honneur de parler à Son Altesse Royale Monseigneur le comte d’Artois.

Joseph blickte staunend bald den Einen, bald den Andern an. Er war wie angedonnert; ein ungeheurer Respect lähmte seine Zunge, und eine geraume Zeit verging, ehe er nur so viel Besinnung wieder erhielt, seinen Hut abzureißen, sich bis zur Erde zu verbeugen, tausend Entschuldigungen zu stammeln und schleunige Rückkehr zu versprechen, um die Befehle ausführen zu lassen, mit welchen ein königlicher Prinz von Frankreich ihn zu seiner unaussprechlichen Glückseligkeit beehre. Es fehlte wenig, und er hätte aus lauter Diensteifer sich selbst in den Kahn gestürzt, um ihn eine Stunde weit flußaufwärts zu rudern.

Die beiden Herren wollten desselben Weges, den Joseph mit den Frauen zurückzumachen hatte. Diese letzteren schienen Gnade vor dem Auge des königlichen „Sohnes von Frankreich“ zu finden, den die Emigration in diese stillen deutschen Thäler geworfen hatte, entfernt von allem Prunke und aller Hoheit, die ihn einst umgeben. Der Graf von Artois reichte Leonoren den Arm, und der andere Herr bemächtigte sich „principis ad exemplar“ sofort der kleinen Holländerin.

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[0067] schön wie der erste, trat in diesem Augenblicke heran. Monsieur, sagte er lächelnd, aber mit scharfer Betonung, vous avez l’honneur de parler à Son Altesse Royale Monseigneur le comte d’Artois. Joseph blickte staunend bald den Einen, bald den Andern an. Er war wie angedonnert; ein ungeheurer Respect lähmte seine Zunge, und eine geraume Zeit verging, ehe er nur so viel Besinnung wieder erhielt, seinen Hut abzureißen, sich bis zur Erde zu verbeugen, tausend Entschuldigungen zu stammeln und schleunige Rückkehr zu versprechen, um die Befehle ausführen zu lassen, mit welchen ein königlicher Prinz von Frankreich ihn zu seiner unaussprechlichen Glückseligkeit beehre. Es fehlte wenig, und er hätte aus lauter Diensteifer sich selbst in den Kahn gestürzt, um ihn eine Stunde weit flußaufwärts zu rudern. Die beiden Herren wollten desselben Weges, den Joseph mit den Frauen zurückzumachen hatte. Diese letzteren schienen Gnade vor dem Auge des königlichen „Sohnes von Frankreich“ zu finden, den die Emigration in diese stillen deutschen Thäler geworfen hatte, entfernt von allem Prunke und aller Hoheit, die ihn einst umgeben. Der Graf von Artois reichte Leonoren den Arm, und der andere Herr bemächtigte sich „principis ad exemplar“ sofort der kleinen Holländerin. Ich muß mich selbst vorstellen, sagte dieser, da mein erlauchter Vetter sich nicht dazu herabläßt, mir

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:53:40Z)

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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/67>, abgerufen am 22.11.2024.