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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wiß beredten Mundes zu schildern gewußt hatte, oder ob er ein Schwindler und Betrüger sein sollte. Da war kein Mittelding denkbar -- in den Augen solcher Menschen wenigstens.

Leonore ging lange mit sich zu Rathe. Dann rief sie ihre treue Gertrude herbei. Gertrude war die Tochter der Kammerfrau ihrer Mutter; sie war Leonoren ergeben mit Leib und Seele; ihr konnte die Hälfte der Aufgabe anvertraut werden. Als ihr Leonore ihren Plan mitgetheilt hatte, schüttelte sie anfangs muthlos den Kopf. Als aber das Fräulein ihren festen Willen ausdrückte, der keinen Widerspruch duldete, schien sie nach und nach Zuversicht und Lust zu bekommen. Sie entwickelte endlich noch obendrein eine gewisse zofenhafte Erfindungsgabe, die sich höchst nützlich bewies, und hatte Einfälle, welche ihrer Herrin zu wahrem Troste gereichten.

Das Haus sieht fürchterlich aus, das ist wahr, sagte sie -- aber wer weiß, ob die junge Frau nicht äußerst kurzsichtig ist!

Wenn das wäre -- versetzte Leonore ungläubig.

Und wenn Sie fürchten, daß irgend Jemand den Verräther spiele -- so denken Sie nicht, daß sie eine Holländerin ist, mit der Niemand hier sich unterhalten kann. Vielleicht spricht sie gar nur batavianisch, und obwohl ich nie von der Sprache habe reden hören, so will ich darauf wetten, daß keine Christenseele daraus klug wird!

wiß beredten Mundes zu schildern gewußt hatte, oder ob er ein Schwindler und Betrüger sein sollte. Da war kein Mittelding denkbar — in den Augen solcher Menschen wenigstens.

Leonore ging lange mit sich zu Rathe. Dann rief sie ihre treue Gertrude herbei. Gertrude war die Tochter der Kammerfrau ihrer Mutter; sie war Leonoren ergeben mit Leib und Seele; ihr konnte die Hälfte der Aufgabe anvertraut werden. Als ihr Leonore ihren Plan mitgetheilt hatte, schüttelte sie anfangs muthlos den Kopf. Als aber das Fräulein ihren festen Willen ausdrückte, der keinen Widerspruch duldete, schien sie nach und nach Zuversicht und Lust zu bekommen. Sie entwickelte endlich noch obendrein eine gewisse zofenhafte Erfindungsgabe, die sich höchst nützlich bewies, und hatte Einfälle, welche ihrer Herrin zu wahrem Troste gereichten.

Das Haus sieht fürchterlich aus, das ist wahr, sagte sie — aber wer weiß, ob die junge Frau nicht äußerst kurzsichtig ist!

Wenn das wäre — versetzte Leonore ungläubig.

Und wenn Sie fürchten, daß irgend Jemand den Verräther spiele — so denken Sie nicht, daß sie eine Holländerin ist, mit der Niemand hier sich unterhalten kann. Vielleicht spricht sie gar nur batavianisch, und obwohl ich nie von der Sprache habe reden hören, so will ich darauf wetten, daß keine Christenseele daraus klug wird!

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[0039] wiß beredten Mundes zu schildern gewußt hatte, oder ob er ein Schwindler und Betrüger sein sollte. Da war kein Mittelding denkbar — in den Augen solcher Menschen wenigstens. Leonore ging lange mit sich zu Rathe. Dann rief sie ihre treue Gertrude herbei. Gertrude war die Tochter der Kammerfrau ihrer Mutter; sie war Leonoren ergeben mit Leib und Seele; ihr konnte die Hälfte der Aufgabe anvertraut werden. Als ihr Leonore ihren Plan mitgetheilt hatte, schüttelte sie anfangs muthlos den Kopf. Als aber das Fräulein ihren festen Willen ausdrückte, der keinen Widerspruch duldete, schien sie nach und nach Zuversicht und Lust zu bekommen. Sie entwickelte endlich noch obendrein eine gewisse zofenhafte Erfindungsgabe, die sich höchst nützlich bewies, und hatte Einfälle, welche ihrer Herrin zu wahrem Troste gereichten. Das Haus sieht fürchterlich aus, das ist wahr, sagte sie — aber wer weiß, ob die junge Frau nicht äußerst kurzsichtig ist! Wenn das wäre — versetzte Leonore ungläubig. Und wenn Sie fürchten, daß irgend Jemand den Verräther spiele — so denken Sie nicht, daß sie eine Holländerin ist, mit der Niemand hier sich unterhalten kann. Vielleicht spricht sie gar nur batavianisch, und obwohl ich nie von der Sprache habe reden hören, so will ich darauf wetten, daß keine Christenseele daraus klug wird!

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:53:40Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/39>, abgerufen am 25.11.2024.