Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.et me voila, theurer Sohn! Du wirst entzückt sein über diese glückliche Abwickelung meiner verdrießlichen Prozeßsache. Joseph antwortete nichts. Er war niedergeschmettert. Seine kleine Christine verstand denn doch Deutsch genug, um die ganze Situation zu durchschauen: und war es nicht, als ob der böse Feind den schrecklichen Papa antrieb, so viel französische Worte als möglich zu gebrauchen, wie um ihr das Verständniß erst recht leicht zu machen? Aber wo ist Leonore, Joseph? fragte jetzt der alte Herr. Joseph antwortete nicht. Wo ist meine Tochter? wiederholte Baron Windschrot sehr laut. Christine, der Leonorens lange Abwesenheit längst räthselhaft geworden, sah ihren Gatten mit dem Ausdruck größter Spannung an. Sie ist in Schönbornslust, wo sie bei einer Dame zum Besuch geblieben, gab Joseph mürrisch zur Antwort. In Schönbornslust -- in dem Emigrantennest? in der Herberge der Frivolität, dem Refugium der Tyrannei? Weißt du, daß die schlangenhaarige Verruchtheit dieser Capets, und wie sie heißen mögen, mit ihrem Haupte an die Wolken stößt? rief der alte Jacobiner aus. Das ist kein Aufenthalt für ein so schönes Geschöpf! Joseph, was soll Leonore in der Höhle des et me voilà, theurer Sohn! Du wirst entzückt sein über diese glückliche Abwickelung meiner verdrießlichen Prozeßsache. Joseph antwortete nichts. Er war niedergeschmettert. Seine kleine Christine verstand denn doch Deutsch genug, um die ganze Situation zu durchschauen: und war es nicht, als ob der böse Feind den schrecklichen Papa antrieb, so viel französische Worte als möglich zu gebrauchen, wie um ihr das Verständniß erst recht leicht zu machen? Aber wo ist Leonore, Joseph? fragte jetzt der alte Herr. Joseph antwortete nicht. Wo ist meine Tochter? wiederholte Baron Windschrot sehr laut. Christine, der Leonorens lange Abwesenheit längst räthselhaft geworden, sah ihren Gatten mit dem Ausdruck größter Spannung an. Sie ist in Schönbornslust, wo sie bei einer Dame zum Besuch geblieben, gab Joseph mürrisch zur Antwort. In Schönbornslust — in dem Emigrantennest? in der Herberge der Frivolität, dem Refugium der Tyrannei? Weißt du, daß die schlangenhaarige Verruchtheit dieser Capets, und wie sie heißen mögen, mit ihrem Haupte an die Wolken stößt? rief der alte Jacobiner aus. Das ist kein Aufenthalt für ein so schönes Geschöpf! Joseph, was soll Leonore in der Höhle des <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="8"> <p><pb facs="#f0107"/> et me voilà, theurer Sohn! Du wirst entzückt sein über diese glückliche Abwickelung meiner verdrießlichen Prozeßsache.</p><lb/> <p>Joseph antwortete nichts. Er war niedergeschmettert. Seine kleine Christine verstand denn doch Deutsch genug, um die ganze Situation zu durchschauen: und war es nicht, als ob der böse Feind den schrecklichen Papa antrieb, so viel französische Worte als möglich zu gebrauchen, wie um ihr das Verständniß erst recht leicht zu machen?</p><lb/> <p>Aber wo ist Leonore, Joseph? fragte jetzt der alte Herr.</p><lb/> <p>Joseph antwortete nicht.</p><lb/> <p>Wo ist meine Tochter? wiederholte Baron Windschrot sehr laut.</p><lb/> <p>Christine, der Leonorens lange Abwesenheit längst räthselhaft geworden, sah ihren Gatten mit dem Ausdruck größter Spannung an.</p><lb/> <p>Sie ist in Schönbornslust, wo sie bei einer Dame zum Besuch geblieben, gab Joseph mürrisch zur Antwort.</p><lb/> <p>In Schönbornslust — in dem Emigrantennest? in der Herberge der Frivolität, dem Refugium der Tyrannei? Weißt du, daß die schlangenhaarige Verruchtheit dieser Capets, und wie sie heißen mögen, mit ihrem Haupte an die Wolken stößt? rief der alte Jacobiner aus. Das ist kein Aufenthalt für ein so schönes Geschöpf! Joseph, was soll Leonore in der Höhle des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0107]
et me voilà, theurer Sohn! Du wirst entzückt sein über diese glückliche Abwickelung meiner verdrießlichen Prozeßsache.
Joseph antwortete nichts. Er war niedergeschmettert. Seine kleine Christine verstand denn doch Deutsch genug, um die ganze Situation zu durchschauen: und war es nicht, als ob der böse Feind den schrecklichen Papa antrieb, so viel französische Worte als möglich zu gebrauchen, wie um ihr das Verständniß erst recht leicht zu machen?
Aber wo ist Leonore, Joseph? fragte jetzt der alte Herr.
Joseph antwortete nicht.
Wo ist meine Tochter? wiederholte Baron Windschrot sehr laut.
Christine, der Leonorens lange Abwesenheit längst räthselhaft geworden, sah ihren Gatten mit dem Ausdruck größter Spannung an.
Sie ist in Schönbornslust, wo sie bei einer Dame zum Besuch geblieben, gab Joseph mürrisch zur Antwort.
In Schönbornslust — in dem Emigrantennest? in der Herberge der Frivolität, dem Refugium der Tyrannei? Weißt du, daß die schlangenhaarige Verruchtheit dieser Capets, und wie sie heißen mögen, mit ihrem Haupte an die Wolken stößt? rief der alte Jacobiner aus. Das ist kein Aufenthalt für ein so schönes Geschöpf! Joseph, was soll Leonore in der Höhle des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T11:53:40Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T11:53:40Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |