Schuchardt, Hugo: Ueber die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker. Berlin, 1885.einen Vocal l, r, n -- m, nach dem anderen l, r einen Vocal l, r, n — m, nach dem anderen l, r <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0032" n="20"/> einen Vocal <hi rendition="#i">l, r, n</hi> — <hi rendition="#i">m</hi>, nach dem anderen <hi rendition="#i">l, r</hi><lb/> — <hi rendition="#i">n, m</hi>, nach dem dritten <hi rendition="#i">l, r</hi> — <hi rendition="#i">n</hi> — <hi rendition="#i">m</hi>. Also die<lb/> partielle Gleichheit erstreckt sich, über die Combi-<lb/> nationen hinaus, auf die einzelnen Kategorieen: <hi rendition="#i">n</hi> wirkt<lb/> in dem angeführten Beispiel einmal als dentale<lb/> Liquida, dann als Nasal, endlich als dentaler Nasal.<lb/> Nicht selten stossen wir auf Lautgesetze in denen<lb/> selbst jene relative Einheitlichkeit der Bedingungen<lb/> nicht nachgewiesen ist. Dergleichen wenig klaren<lb/> „Lautgesetzen“ lassen sich ganz klare Fälle „spora-<lb/> dischen Lautwandels“ gegenüberstellen. Betontes <hi rendition="#i">a</hi><lb/> ist im heutigen Schriftportugiesisch nur einmal zu <hi rendition="#i">o</hi><lb/> geworden, in <hi rendition="#i">fame</hi> = <hi rendition="#i">fome</hi>. Dem Einfluss eines fol-<lb/> genden oder eines vorhergehenden Labialen ist nur<lb/> unbetontes <hi rendition="#i">a</hi> ausgesetzt (z. B. vulgärport. <hi rendition="#i">fanforrice</hi>,<lb/><hi rendition="#i">charomela</hi>; s. <hi rendition="#g">J. Cornu</hi> Romania X, 340 f.); aber der<lb/> Einfluss eines folgenden und der eines vorhergehenden<lb/> zusammengenommen sind stark genug auch ein betontes<lb/><hi rendition="#i">a</hi> zu assimiliren, freilich nur in diesem häufigst ge-<lb/> brauchten Wort (nicht in <hi rendition="#i">fava</hi> u. a. — in <hi rendition="#i">mama</hi><lb/> nicht wegen der Reduplication). Ein Junggrammatiker<lb/> würde freilich, ehe er soviel zugestünde, sich an ein<lb/><hi rendition="#i">fomentar</hi> oder <hi rendition="#i">fomite</hi> anklammern. Wegen eines ana-<lb/> logen Verhältnisses vgl. franz. <hi rendition="#i">buvons</hi> für älteres <hi rendition="#i">be-<lb/> vons</hi>, daneben <hi rendition="#i">devons</hi>. Der Satz „gleiche Ursache,<lb/> gleiche Wirkung“ (wir bezeichnen als Ursachen beim<lb/> combinatorischen Lautwandel was streng genommen<lb/> nur permanente Bedingungen sind) lässt sich hier nicht<lb/> zu Gunsten der Lehre von der Ausnahmslosigkeit der<lb/> Lautgesetze heranziehen; es handelt sich ja um partiell<lb/> Gleiches, in verschiedenem Masse partiell Gleiches.<lb/> Der labiale Factor ist in den einzelnen Labialen nicht<lb/> gleich stark vertreten, mehr z. B. in <hi rendition="#i">m</hi> als in <hi rendition="#i">b</hi>; bei<lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0032]
einen Vocal l, r, n — m, nach dem anderen l, r
— n, m, nach dem dritten l, r — n — m. Also die
partielle Gleichheit erstreckt sich, über die Combi-
nationen hinaus, auf die einzelnen Kategorieen: n wirkt
in dem angeführten Beispiel einmal als dentale
Liquida, dann als Nasal, endlich als dentaler Nasal.
Nicht selten stossen wir auf Lautgesetze in denen
selbst jene relative Einheitlichkeit der Bedingungen
nicht nachgewiesen ist. Dergleichen wenig klaren
„Lautgesetzen“ lassen sich ganz klare Fälle „spora-
dischen Lautwandels“ gegenüberstellen. Betontes a
ist im heutigen Schriftportugiesisch nur einmal zu o
geworden, in fame = fome. Dem Einfluss eines fol-
genden oder eines vorhergehenden Labialen ist nur
unbetontes a ausgesetzt (z. B. vulgärport. fanforrice,
charomela; s. J. Cornu Romania X, 340 f.); aber der
Einfluss eines folgenden und der eines vorhergehenden
zusammengenommen sind stark genug auch ein betontes
a zu assimiliren, freilich nur in diesem häufigst ge-
brauchten Wort (nicht in fava u. a. — in mama
nicht wegen der Reduplication). Ein Junggrammatiker
würde freilich, ehe er soviel zugestünde, sich an ein
fomentar oder fomite anklammern. Wegen eines ana-
logen Verhältnisses vgl. franz. buvons für älteres be-
vons, daneben devons. Der Satz „gleiche Ursache,
gleiche Wirkung“ (wir bezeichnen als Ursachen beim
combinatorischen Lautwandel was streng genommen
nur permanente Bedingungen sind) lässt sich hier nicht
zu Gunsten der Lehre von der Ausnahmslosigkeit der
Lautgesetze heranziehen; es handelt sich ja um partiell
Gleiches, in verschiedenem Masse partiell Gleiches.
Der labiale Factor ist in den einzelnen Labialen nicht
gleich stark vertreten, mehr z. B. in m als in b; bei
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Zitationshilfe: | Schuchardt, Hugo: Ueber die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker. Berlin, 1885, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuchardt_lautgesetze_1885/32>, abgerufen am 25.07.2024. |