Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.sie das Gefühl, daß sie etwas verloren habe und es suchen müsse, das Gefühl, daß sie versprochen hatte, irgendwo pünktlich anzukommen, wo sie nicht mehr ankommen konnte, und dabei eilte etwas Schwarzes, Undeutliches vor ihr hin, und etwas schwül Atmendes, Unheimliches jagte hinter ihr drein, und sie hatte die Glieder wie zerbrochen und konnte nicht vom Fleck. Plötzlich erwachte sie. Das scharfe Rollen eines Wagens, der in die Durchfahrt des Schlosses einmündete, hatte sie aufgeschreckt. Sie setzte sich halb auf in ihrem Bett. Ein heller Mondstrahl, der durch die Jalousieen ihres Fensters brach, malte weißliche Striche auf dem dunklen Fußboden. Müde legte sie die Hand auf die Stirn und wollte nachdenken. Was war denn eigentlich geschehen? Ja, Gina hatte zu dem Tennismatch fahren wollen nach Monbijou, und sie, Emma, hatte mitfahren wollen, und dann, wie die Kopfschmerzen ärger geworden waren, dann hatte ihr Gina versprechen sollen, daß sie das Fest nicht besuchen würde ... Hatte Gina versprochen? ... Emma konnte sich nicht entsinnen, von Mittag ab erinnerte sie sich an nichts mehr, als an den heftigen Schmerz, der mit einer verworrenen Angst verbunden war. Was bedeutete der Wagen mitten in der Nacht? War die Tante nach Breznitz gefahren, hatte Gina sie das Gefühl, daß sie etwas verloren habe und es suchen müsse, das Gefühl, daß sie versprochen hatte, irgendwo pünktlich anzukommen, wo sie nicht mehr ankommen konnte, und dabei eilte etwas Schwarzes, Undeutliches vor ihr hin, und etwas schwül Atmendes, Unheimliches jagte hinter ihr drein, und sie hatte die Glieder wie zerbrochen und konnte nicht vom Fleck. Plötzlich erwachte sie. Das scharfe Rollen eines Wagens, der in die Durchfahrt des Schlosses einmündete, hatte sie aufgeschreckt. Sie setzte sich halb auf in ihrem Bett. Ein heller Mondstrahl, der durch die Jalousieen ihres Fensters brach, malte weißliche Striche auf dem dunklen Fußboden. Müde legte sie die Hand auf die Stirn und wollte nachdenken. Was war denn eigentlich geschehen? Ja, Gina hatte zu dem Tennismatch fahren wollen nach Monbijou, und sie, Emma, hatte mitfahren wollen, und dann, wie die Kopfschmerzen ärger geworden waren, dann hatte ihr Gina versprechen sollen, daß sie das Fest nicht besuchen würde … Hatte Gina versprochen? … Emma konnte sich nicht entsinnen, von Mittag ab erinnerte sie sich an nichts mehr, als an den heftigen Schmerz, der mit einer verworrenen Angst verbunden war. Was bedeutete der Wagen mitten in der Nacht? War die Tante nach Breznitz gefahren, hatte Gina <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0006" n="6"/> sie das Gefühl, daß sie etwas verloren habe und es suchen müsse, das Gefühl, daß sie versprochen hatte, irgendwo pünktlich anzukommen, wo sie nicht mehr ankommen konnte, und dabei eilte etwas Schwarzes, Undeutliches vor ihr hin, und etwas schwül Atmendes, Unheimliches jagte hinter ihr drein, und sie hatte die Glieder wie zerbrochen und konnte nicht vom Fleck.</p> <p>Plötzlich erwachte sie. Das scharfe Rollen eines Wagens, der in die Durchfahrt des Schlosses einmündete, hatte sie aufgeschreckt.</p> <p>Sie setzte sich halb auf in ihrem Bett. Ein heller Mondstrahl, der durch die Jalousieen ihres Fensters brach, malte weißliche Striche auf dem dunklen Fußboden. Müde legte sie die Hand auf die Stirn und wollte nachdenken. Was war denn eigentlich geschehen?</p> <p>Ja, Gina hatte zu dem Tennismatch fahren wollen nach Monbijou, und sie, Emma, hatte mitfahren wollen, und dann, wie die Kopfschmerzen ärger geworden waren, dann hatte ihr Gina versprechen sollen, daß sie das Fest nicht besuchen würde … Hatte Gina versprochen? … Emma konnte sich nicht entsinnen, von Mittag ab erinnerte sie sich an nichts mehr, als an den heftigen Schmerz, der mit einer verworrenen Angst verbunden war.</p> <p>Was bedeutete der Wagen mitten in der Nacht? War die Tante nach Breznitz gefahren, hatte Gina </p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0006]
sie das Gefühl, daß sie etwas verloren habe und es suchen müsse, das Gefühl, daß sie versprochen hatte, irgendwo pünktlich anzukommen, wo sie nicht mehr ankommen konnte, und dabei eilte etwas Schwarzes, Undeutliches vor ihr hin, und etwas schwül Atmendes, Unheimliches jagte hinter ihr drein, und sie hatte die Glieder wie zerbrochen und konnte nicht vom Fleck.
Plötzlich erwachte sie. Das scharfe Rollen eines Wagens, der in die Durchfahrt des Schlosses einmündete, hatte sie aufgeschreckt.
Sie setzte sich halb auf in ihrem Bett. Ein heller Mondstrahl, der durch die Jalousieen ihres Fensters brach, malte weißliche Striche auf dem dunklen Fußboden. Müde legte sie die Hand auf die Stirn und wollte nachdenken. Was war denn eigentlich geschehen?
Ja, Gina hatte zu dem Tennismatch fahren wollen nach Monbijou, und sie, Emma, hatte mitfahren wollen, und dann, wie die Kopfschmerzen ärger geworden waren, dann hatte ihr Gina versprechen sollen, daß sie das Fest nicht besuchen würde … Hatte Gina versprochen? … Emma konnte sich nicht entsinnen, von Mittag ab erinnerte sie sich an nichts mehr, als an den heftigen Schmerz, der mit einer verworrenen Angst verbunden war.
Was bedeutete der Wagen mitten in der Nacht? War die Tante nach Breznitz gefahren, hatte Gina
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |