Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.braunem Holz geschnitzten Rahmen hinter Glas eine Handarbeit der Wirtstochter, ein Kranz von Vergißmeinnicht auf Kartonpappendeckel und in der Mitte, in Goldperlen ausgeführt, das Wort "Souvenir". Schön war es nicht, aber sehr gemütlich, und die Kost der Frau Jelinek - so hieß die Wirtin - war ausgezeichnet. Die Offiziere verbrachten viele lustige Stunden im Gasthaus zum Lamm. Eigentlich sind sie anspruchslos, die österreichischen Kavallerieoffiziere; so lange alles vergnügt zugeht und keiner unter den Kameraden ein Rüpel ist, sind sie zufrieden. An jenem Abend kam aber die Stimmung nicht in Flor, obwohl Möller seine Gäste großartig bewirtete. Die Wirtin hatte alle ihre Geschicklichkeit aufs äußerste angestrengt, alle Leibspeisen der Herren berücksichtigt. Und Möller hatte anstatt des im Kasino üblichen "Montebello" wundervollen "Mumm extra dry" aufmarschieren lassen. Aber dass alles vermochte nicht recht, die Gesellschaft zu beleben. Schließlich fragte einer der in Breznitz garnisonierenden Herren danach, ob in der letzten Zeit viel los gewesen sei im Schloß. Es sei jetzt wohl ein Monat verflossen seit dem Tennisturnier, und die Zells hätten noch keine Erwiderung für das Fest geboten. Hierauf antwortete Möller, die Zells hätten in den letzten Wochen überhaupt niemand empfangen. Man sehe sie kaum mehr - braunem Holz geschnitzten Rahmen hinter Glas eine Handarbeit der Wirtstochter, ein Kranz von Vergißmeinnicht auf Kartonpappendeckel und in der Mitte, in Goldperlen ausgeführt, das Wort „Souvenir“. Schön war es nicht, aber sehr gemütlich, und die Kost der Frau Jelinek – so hieß die Wirtin – war ausgezeichnet. Die Offiziere verbrachten viele lustige Stunden im Gasthaus zum Lamm. Eigentlich sind sie anspruchslos, die österreichischen Kavallerieoffiziere; so lange alles vergnügt zugeht und keiner unter den Kameraden ein Rüpel ist, sind sie zufrieden. An jenem Abend kam aber die Stimmung nicht in Flor, obwohl Möller seine Gäste großartig bewirtete. Die Wirtin hatte alle ihre Geschicklichkeit aufs äußerste angestrengt, alle Leibspeisen der Herren berücksichtigt. Und Möller hatte anstatt des im Kasino üblichen „Montebello“ wundervollen „Mumm extra dry“ aufmarschieren lassen. Aber dass alles vermochte nicht recht, die Gesellschaft zu beleben. Schließlich fragte einer der in Breznitz garnisonierenden Herren danach, ob in der letzten Zeit viel los gewesen sei im Schloß. Es sei jetzt wohl ein Monat verflossen seit dem Tennisturnier, und die Zells hätten noch keine Erwiderung für das Fest geboten. Hierauf antwortete Möller, die Zells hätten in den letzten Wochen überhaupt niemand empfangen. Man sehe sie kaum mehr – <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="21"/> braunem Holz geschnitzten Rahmen hinter Glas eine Handarbeit der Wirtstochter, ein Kranz von Vergißmeinnicht auf Kartonpappendeckel und in der Mitte, in Goldperlen ausgeführt, das Wort „Souvenir“. Schön war es nicht, aber sehr gemütlich, und die Kost der Frau Jelinek – so hieß die Wirtin – war ausgezeichnet.</p> <p>Die Offiziere verbrachten viele lustige Stunden im Gasthaus zum Lamm. Eigentlich sind sie anspruchslos, die österreichischen Kavallerieoffiziere; so lange alles vergnügt zugeht und keiner unter den Kameraden ein Rüpel ist, sind sie zufrieden.</p> <p>An jenem Abend kam aber die Stimmung nicht in Flor, obwohl Möller seine Gäste großartig bewirtete. Die Wirtin hatte alle ihre Geschicklichkeit aufs äußerste angestrengt, alle Leibspeisen der Herren berücksichtigt. Und Möller hatte anstatt des im Kasino üblichen „Montebello“ wundervollen „Mumm extra dry“ aufmarschieren lassen. Aber dass alles vermochte nicht recht, die Gesellschaft zu beleben. Schließlich fragte einer der in Breznitz garnisonierenden Herren danach, ob in der letzten Zeit viel los gewesen sei im Schloß. Es sei jetzt wohl ein Monat verflossen seit dem Tennisturnier, und die Zells hätten noch keine Erwiderung für das Fest geboten. Hierauf antwortete Möller, die Zells hätten in den letzten Wochen überhaupt niemand empfangen. Man sehe sie kaum mehr – </p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0021]
braunem Holz geschnitzten Rahmen hinter Glas eine Handarbeit der Wirtstochter, ein Kranz von Vergißmeinnicht auf Kartonpappendeckel und in der Mitte, in Goldperlen ausgeführt, das Wort „Souvenir“. Schön war es nicht, aber sehr gemütlich, und die Kost der Frau Jelinek – so hieß die Wirtin – war ausgezeichnet.
Die Offiziere verbrachten viele lustige Stunden im Gasthaus zum Lamm. Eigentlich sind sie anspruchslos, die österreichischen Kavallerieoffiziere; so lange alles vergnügt zugeht und keiner unter den Kameraden ein Rüpel ist, sind sie zufrieden.
An jenem Abend kam aber die Stimmung nicht in Flor, obwohl Möller seine Gäste großartig bewirtete. Die Wirtin hatte alle ihre Geschicklichkeit aufs äußerste angestrengt, alle Leibspeisen der Herren berücksichtigt. Und Möller hatte anstatt des im Kasino üblichen „Montebello“ wundervollen „Mumm extra dry“ aufmarschieren lassen. Aber dass alles vermochte nicht recht, die Gesellschaft zu beleben. Schließlich fragte einer der in Breznitz garnisonierenden Herren danach, ob in der letzten Zeit viel los gewesen sei im Schloß. Es sei jetzt wohl ein Monat verflossen seit dem Tennisturnier, und die Zells hätten noch keine Erwiderung für das Fest geboten. Hierauf antwortete Möller, die Zells hätten in den letzten Wochen überhaupt niemand empfangen. Man sehe sie kaum mehr –
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