Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.Bärenburg, dessen unverwüstlicher Humor auch diesmal standhielt, hatte indessen eine Art Kotillon improvisiert. Konrad Swoyschin, Zdenkos älterer Bruder, der, blaß, blond, lang und mager, vornehm, aber ohne Liebenswürdigkeit, mit seinem Monocle, seinem Diener und seinem Mops aus Abbazia nur für vierundzwanzig Stunden heraufgekommen war, um bei der bevorstehenden Hochzeit den kranken Vater zu vertreten, trat an Gina heran und reichte ihr ein Kotillonbouquet. Sie dankte, aber an dem blonden, schattenhaften Konrad vorüber blickte sie nach ihrem Bräutigam. Es fing an, spät zu werden. Man hatte erst um halb Zehn angefangen zu soupieren, jetzt ging's auf Mitternacht. "Ginerl, du thätest wirklich besser, dich zurückzuziehen," drägte die Gräfin Theres. "Komm, ich geh' mit dir hinauf. Emma, red ihr doch zu!" Aber Emma sprach kein Wort. Sie war noch bleicher geworden, aber sie rührte sich nicht, machte keine Miene, sich der Schwester zu nähern. Zdenko hatte sich indessen in den Reigen gemischt. Er tanzte, und zwar tanzte er mit seiner Cousine Annie. Anfangs tanzten die beiden miteinander, wie alle Leute tanzen, nicht mit mehr, nicht mit weniger Bärenburg, dessen unverwüstlicher Humor auch diesmal standhielt, hatte indessen eine Art Kotillon improvisiert. Konrad Swoyschin, Zdenkos älterer Bruder, der, blaß, blond, lang und mager, vornehm, aber ohne Liebenswürdigkeit, mit seinem Monocle, seinem Diener und seinem Mops aus Abbazia nur für vierundzwanzig Stunden heraufgekommen war, um bei der bevorstehenden Hochzeit den kranken Vater zu vertreten, trat an Gina heran und reichte ihr ein Kotillonbouquet. Sie dankte, aber an dem blonden, schattenhaften Konrad vorüber blickte sie nach ihrem Bräutigam. Es fing an, spät zu werden. Man hatte erst um halb Zehn angefangen zu soupieren, jetzt ging’s auf Mitternacht. „Ginerl, du thätest wirklich besser, dich zurückzuziehen,“ drägte die Gräfin Theres. „Komm, ich geh’ mit dir hinauf. Emma, red ihr doch zu!“ Aber Emma sprach kein Wort. Sie war noch bleicher geworden, aber sie rührte sich nicht, machte keine Miene, sich der Schwester zu nähern. Zdenko hatte sich indessen in den Reigen gemischt. Er tanzte, und zwar tanzte er mit seiner Cousine Annie. Anfangs tanzten die beiden miteinander, wie alle Leute tanzen, nicht mit mehr, nicht mit weniger <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0124" n="124"/> <p>Bärenburg, dessen unverwüstlicher Humor auch diesmal standhielt, hatte indessen eine Art Kotillon improvisiert.</p> <p>Konrad Swoyschin, Zdenkos älterer Bruder, der, blaß, blond, lang und mager, vornehm, aber ohne Liebenswürdigkeit, mit seinem Monocle, seinem Diener und seinem Mops aus Abbazia nur für vierundzwanzig Stunden heraufgekommen war, um bei der bevorstehenden Hochzeit den kranken Vater zu vertreten, trat an Gina heran und reichte ihr ein Kotillonbouquet.</p> <p>Sie dankte, aber an dem blonden, schattenhaften Konrad vorüber blickte sie nach ihrem Bräutigam.</p> <p>Es fing an, spät zu werden. Man hatte erst um halb Zehn angefangen zu soupieren, jetzt ging’s auf Mitternacht.</p> <p>„Ginerl, du thätest wirklich besser, dich zurückzuziehen,“ drägte die Gräfin Theres. „Komm, ich geh’ mit dir hinauf. Emma, red ihr doch zu!“</p> <p>Aber Emma sprach kein Wort. Sie war noch bleicher geworden, aber sie rührte sich nicht, machte keine Miene, sich der Schwester zu nähern.</p> <p>Zdenko hatte sich indessen in den Reigen gemischt. Er tanzte, und zwar tanzte er mit seiner Cousine Annie.</p> <p>Anfangs tanzten die beiden miteinander, wie alle Leute tanzen, nicht mit mehr, nicht mit weniger </p> </div> </body> </text> </TEI> [124/0124]
Bärenburg, dessen unverwüstlicher Humor auch diesmal standhielt, hatte indessen eine Art Kotillon improvisiert.
Konrad Swoyschin, Zdenkos älterer Bruder, der, blaß, blond, lang und mager, vornehm, aber ohne Liebenswürdigkeit, mit seinem Monocle, seinem Diener und seinem Mops aus Abbazia nur für vierundzwanzig Stunden heraufgekommen war, um bei der bevorstehenden Hochzeit den kranken Vater zu vertreten, trat an Gina heran und reichte ihr ein Kotillonbouquet.
Sie dankte, aber an dem blonden, schattenhaften Konrad vorüber blickte sie nach ihrem Bräutigam.
Es fing an, spät zu werden. Man hatte erst um halb Zehn angefangen zu soupieren, jetzt ging’s auf Mitternacht.
„Ginerl, du thätest wirklich besser, dich zurückzuziehen,“ drägte die Gräfin Theres. „Komm, ich geh’ mit dir hinauf. Emma, red ihr doch zu!“
Aber Emma sprach kein Wort. Sie war noch bleicher geworden, aber sie rührte sich nicht, machte keine Miene, sich der Schwester zu nähern.
Zdenko hatte sich indessen in den Reigen gemischt. Er tanzte, und zwar tanzte er mit seiner Cousine Annie.
Anfangs tanzten die beiden miteinander, wie alle Leute tanzen, nicht mit mehr, nicht mit weniger
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |