Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899.

Bild:
<< vorherige Seite

starke Frau, die sich für ihr Alter zu jugendlich, für ihre Mittel zu kostspielig kleidete, wußte er, daß er sich vor einer Auferstehung seiner Jugendthorheit nicht zu fürchten brauche, aber er erriet zugleich, daß mit dieser Frau ein ernstes Wort überhaupt nicht zu reden war.

Nichtsdestoweniger versuchte er's. Er that sein Möglichstes, ihr zu beweisen, daß diese Eheschließung die Existenz ihres Sohnes vernichten müsse, er gestand ihr, was ein Ehrenmann ihr von dem Abschau des Bräutigams, von den Eigentümlichkeiten der Braut mitteilen konnte, alles, was er sich zu sagen erlauben durfte, ohne Gefahr zu laufen, entweder selbst für einen Verrückten erklärt zu werden oder Swoyschin als einen solchen hinzustellen. Er sagte ihr, daß der Gesundheitszustand Ginas momentan eine Ehe undenkbar mache.

Die Gräfin war gegen alles taub.

Sie nahm eine erhabene Miene an: da Zdenko es nun einmal so weit hatte kommen lassen, stand ihm das Recht nicht zu, zurückzutreten. Er mußte heiraten, sobald seine Braut es wünschte. Wenn sie ihm einmal angetraut war, würde sich Gina beruhigen, und die Beruhigung mußte man ihr gönnen. Entweder würde das Glück sie gesund machen oder ihr den Tod erleichtern. Beide Möglichkeiten faßte die Gräfin mit derselben Gelassenheit ins Auge. Hierauf

starke Frau, die sich für ihr Alter zu jugendlich, für ihre Mittel zu kostspielig kleidete, wußte er, daß er sich vor einer Auferstehung seiner Jugendthorheit nicht zu fürchten brauche, aber er erriet zugleich, daß mit dieser Frau ein ernstes Wort überhaupt nicht zu reden war.

Nichtsdestoweniger versuchte er’s. Er that sein Möglichstes, ihr zu beweisen, daß diese Eheschließung die Existenz ihres Sohnes vernichten müsse, er gestand ihr, was ein Ehrenmann ihr von dem Abschau des Bräutigams, von den Eigentümlichkeiten der Braut mitteilen konnte, alles, was er sich zu sagen erlauben durfte, ohne Gefahr zu laufen, entweder selbst für einen Verrückten erklärt zu werden oder Swoyschin als einen solchen hinzustellen. Er sagte ihr, daß der Gesundheitszustand Ginas momentan eine Ehe undenkbar mache.

Die Gräfin war gegen alles taub.

Sie nahm eine erhabene Miene an: da Zdenko es nun einmal so weit hatte kommen lassen, stand ihm das Recht nicht zu, zurückzutreten. Er mußte heiraten, sobald seine Braut es wünschte. Wenn sie ihm einmal angetraut war, würde sich Gina beruhigen, und die Beruhigung mußte man ihr gönnen. Entweder würde das Glück sie gesund machen oder ihr den Tod erleichtern. Beide Möglichkeiten faßte die Gräfin mit derselben Gelassenheit ins Auge. Hierauf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0104" n="104"/>
starke Frau, die sich für ihr Alter zu jugendlich, für ihre Mittel zu kostspielig kleidete, wußte er, daß er sich vor einer Auferstehung seiner Jugendthorheit nicht zu fürchten brauche, aber er erriet zugleich, daß mit dieser Frau ein ernstes Wort überhaupt nicht zu reden war.</p>
        <p>Nichtsdestoweniger versuchte er&#x2019;s. Er that sein Möglichstes, ihr zu beweisen, daß diese Eheschließung die Existenz ihres Sohnes vernichten müsse, er gestand ihr, was ein Ehrenmann ihr von dem Abschau des Bräutigams, von den Eigentümlichkeiten der Braut mitteilen konnte, alles, was er sich zu sagen erlauben durfte, ohne Gefahr zu laufen, entweder selbst für einen Verrückten erklärt zu werden oder Swoyschin als einen solchen hinzustellen. Er sagte ihr, daß der Gesundheitszustand Ginas momentan eine Ehe undenkbar mache.</p>
        <p>Die Gräfin war gegen alles taub.</p>
        <p>Sie nahm eine erhabene Miene an: da Zdenko es nun einmal so weit hatte kommen lassen, stand ihm das Recht nicht zu, zurückzutreten. Er mußte heiraten, sobald seine Braut es wünschte. Wenn sie ihm einmal angetraut war, würde sich Gina beruhigen, und die Beruhigung mußte man ihr gönnen. Entweder würde das Glück sie gesund machen oder ihr den Tod erleichtern. Beide Möglichkeiten faßte die Gräfin mit derselben Gelassenheit ins Auge. Hierauf
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0104] starke Frau, die sich für ihr Alter zu jugendlich, für ihre Mittel zu kostspielig kleidete, wußte er, daß er sich vor einer Auferstehung seiner Jugendthorheit nicht zu fürchten brauche, aber er erriet zugleich, daß mit dieser Frau ein ernstes Wort überhaupt nicht zu reden war. Nichtsdestoweniger versuchte er’s. Er that sein Möglichstes, ihr zu beweisen, daß diese Eheschließung die Existenz ihres Sohnes vernichten müsse, er gestand ihr, was ein Ehrenmann ihr von dem Abschau des Bräutigams, von den Eigentümlichkeiten der Braut mitteilen konnte, alles, was er sich zu sagen erlauben durfte, ohne Gefahr zu laufen, entweder selbst für einen Verrückten erklärt zu werden oder Swoyschin als einen solchen hinzustellen. Er sagte ihr, daß der Gesundheitszustand Ginas momentan eine Ehe undenkbar mache. Die Gräfin war gegen alles taub. Sie nahm eine erhabene Miene an: da Zdenko es nun einmal so weit hatte kommen lassen, stand ihm das Recht nicht zu, zurückzutreten. Er mußte heiraten, sobald seine Braut es wünschte. Wenn sie ihm einmal angetraut war, würde sich Gina beruhigen, und die Beruhigung mußte man ihr gönnen. Entweder würde das Glück sie gesund machen oder ihr den Tod erleichtern. Beide Möglichkeiten faßte die Gräfin mit derselben Gelassenheit ins Auge. Hierauf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche „—“ werden als normale Gedankenstriche „–“ wiedergegeben.
  • Die Majuskelschreibweise Ae, Oe, Ue wird als Ä, Ö, Ü wiedergegeben.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/104
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 18). 2. Bd. Stuttgart, 1899, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber02_1899/104>, abgerufen am 21.11.2024.