Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899."gibt mir nach der Richtung hin gerade genug zu thun! Ein zweiter Don Juan im Regiment paßt mir gar nicht." Bärenburg kratzte sich hinter dem Ohr, und der Rittmeister rief: "O! das ist etwas ganz andres - eine sehr komplizierte Abart des Urtypus. Bei Swoyschin fängt es gewöhnlich mit Gutmütigkeit an." "So, und hört auch mit Gutmütigkeit auf?" fragte der Oberst kurz. Bärenburg und der Rittmeister lächelten. "Hol ihn der Teufel!" grollte der Oberst. "Wenn du ihn einmal kennen gelernt hast, wirst du's nicht mehr sagen, Herr Oberst!" behauptete der Rittmeister Gerhart. Der Oberst verfiel von neuem in tiefes Schweigen. Er hatte eine Falte zwischen den Augenbrauen, hielt den Tschibuk auf Armeslänge von sich gestreckt, ohne zu rauchen, und schien über etwas nachzudenken. Mit der Gemütlichkeit war's vorbei, die Konversation erlosch. Die Konversation ist wie ein Kaminfeuer, sie stirbt, wenn man nicht von Zeit zu Zeit ein neues Scheit Holz nachlegt. Der Oberst hatte vergessen, nachzulegen, in weniger als einer Viertelstunde war das Zimmer leer. - Jetzt saß er allein neben der Lampe mit dem roten Schirm. Theres! Theres Sensenheim! ... Er hatte sie geliebt - und hatte vor sechsundzwanzig „gibt mir nach der Richtung hin gerade genug zu thun! Ein zweiter Don Juan im Regiment paßt mir gar nicht.“ Bärenburg kratzte sich hinter dem Ohr, und der Rittmeister rief: „O! das ist etwas ganz andres – eine sehr komplizierte Abart des Urtypus. Bei Swoyschin fängt es gewöhnlich mit Gutmütigkeit an.“ „So, und hört auch mit Gutmütigkeit auf?“ fragte der Oberst kurz. Bärenburg und der Rittmeister lächelten. „Hol ihn der Teufel!“ grollte der Oberst. „Wenn du ihn einmal kennen gelernt hast, wirst du’s nicht mehr sagen, Herr Oberst!“ behauptete der Rittmeister Gerhart. Der Oberst verfiel von neuem in tiefes Schweigen. Er hatte eine Falte zwischen den Augenbrauen, hielt den Tschibuk auf Armeslänge von sich gestreckt, ohne zu rauchen, und schien über etwas nachzudenken. Mit der Gemütlichkeit war’s vorbei, die Konversation erlosch. Die Konversation ist wie ein Kaminfeuer, sie stirbt, wenn man nicht von Zeit zu Zeit ein neues Scheit Holz nachlegt. Der Oberst hatte vergessen, nachzulegen, in weniger als einer Viertelstunde war das Zimmer leer. – Jetzt saß er allein neben der Lampe mit dem roten Schirm. Theres! Theres Sensenheim! … Er hatte sie geliebt – und hatte vor sechsundzwanzig <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0013" n="12"/> „gibt mir nach der Richtung hin gerade genug zu thun! Ein zweiter Don Juan im Regiment paßt mir gar nicht.“</p> <p>Bärenburg kratzte sich hinter dem Ohr, und der Rittmeister rief: „O! das ist etwas ganz andres – eine sehr komplizierte Abart des Urtypus. Bei Swoyschin fängt es gewöhnlich mit Gutmütigkeit an.“</p> <p>„So, und hört auch mit Gutmütigkeit auf?“ fragte der Oberst kurz. Bärenburg und der Rittmeister lächelten.</p> <p>„Hol ihn der Teufel!“ grollte der Oberst.</p> <p>„Wenn du ihn einmal kennen gelernt hast, wirst du’s nicht mehr sagen, Herr Oberst!“ behauptete der Rittmeister Gerhart.</p> <p>Der Oberst verfiel von neuem in tiefes Schweigen. Er hatte eine Falte zwischen den Augenbrauen, hielt den Tschibuk auf Armeslänge von sich gestreckt, ohne zu rauchen, und schien über etwas nachzudenken.</p> <p>Mit der Gemütlichkeit war’s vorbei, die Konversation erlosch. Die Konversation ist wie ein Kaminfeuer, sie stirbt, wenn man nicht von Zeit zu Zeit ein neues Scheit Holz nachlegt. Der Oberst hatte vergessen, nachzulegen, in weniger als einer Viertelstunde war das Zimmer leer. –</p> <p>Jetzt saß er allein neben der Lampe mit dem roten Schirm. Theres! Theres Sensenheim! … Er hatte sie geliebt – und hatte vor sechsundzwanzig </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0013]
„gibt mir nach der Richtung hin gerade genug zu thun! Ein zweiter Don Juan im Regiment paßt mir gar nicht.“
Bärenburg kratzte sich hinter dem Ohr, und der Rittmeister rief: „O! das ist etwas ganz andres – eine sehr komplizierte Abart des Urtypus. Bei Swoyschin fängt es gewöhnlich mit Gutmütigkeit an.“
„So, und hört auch mit Gutmütigkeit auf?“ fragte der Oberst kurz. Bärenburg und der Rittmeister lächelten.
„Hol ihn der Teufel!“ grollte der Oberst.
„Wenn du ihn einmal kennen gelernt hast, wirst du’s nicht mehr sagen, Herr Oberst!“ behauptete der Rittmeister Gerhart.
Der Oberst verfiel von neuem in tiefes Schweigen. Er hatte eine Falte zwischen den Augenbrauen, hielt den Tschibuk auf Armeslänge von sich gestreckt, ohne zu rauchen, und schien über etwas nachzudenken.
Mit der Gemütlichkeit war’s vorbei, die Konversation erlosch. Die Konversation ist wie ein Kaminfeuer, sie stirbt, wenn man nicht von Zeit zu Zeit ein neues Scheit Holz nachlegt. Der Oberst hatte vergessen, nachzulegen, in weniger als einer Viertelstunde war das Zimmer leer. –
Jetzt saß er allein neben der Lampe mit dem roten Schirm. Theres! Theres Sensenheim! … Er hatte sie geliebt – und hatte vor sechsundzwanzig
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/13 |
Zitationshilfe: | Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_vollmondzauber01_1899/13>, abgerufen am 16.07.2024. |