Schubin, Ossip: Vollmondzauber. In: Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Fünfzehnter Jahrgang. Band 17). 1. Bd. Stuttgart, 1899.Wesen anzubandeln?! Die Sache machte ihm schwere Sorgen. Er war davon überzeugt, daß Swoyschin sich wieder einmal für viel Verdruß und wenig Pläsier "eintunken" würde, und trachtete vorzubeugen. "Swoyschin!" begann er in bedeutsamen Ton aus seinem gedankenvollen Schweigen heraus. "Ja, Herr Oberst!" entgegnete etwas beunruhigt der Adjutant, der offenbar schon ahnte, was ihm bevorstand. "Hm! hm!" Der Oberst räusperte sich, dann hub er von neuem an: "Sagen Sie mir, was halten Sie von der Italienerin? Ist sie einfach eine Erzkokette, oder ist sie wirklich gestört?" Zdenko sann einen Augenblick nach, nahm seine Cigarette von den Lippen und blies langsam den Rauch in die feuchte, goldschimmernde Luft. "Darüber bin ich mir selber nicht klar," sagte er langsam. "Nun, ich auch nicht," erwiderte ihm der Oberst, "aber über das eine herrscht bei mir kein Zweifel - darüber, daß Sie wieder einmal im Begriff stehen, Unheil anzurichten, mein lieber Swoyschin. Nehmen Sie sich in acht; besonders in Ihrer jetzigen Lage wär's nicht angenehm für Sie, zwischen zwei Stühle zu geraten." Swoyschin nagte unruhig an seiner Oberlippe. Seine auffällige Empfindlichkeit bewies in diesem Fall deutlich, daß er kein ganz reines Gewissen habe. Er Wesen anzubandeln?! Die Sache machte ihm schwere Sorgen. Er war davon überzeugt, daß Swoyschin sich wieder einmal für viel Verdruß und wenig Pläsier „eintunken“ würde, und trachtete vorzubeugen. „Swoyschin!“ begann er in bedeutsamen Ton aus seinem gedankenvollen Schweigen heraus. „Ja, Herr Oberst!“ entgegnete etwas beunruhigt der Adjutant, der offenbar schon ahnte, was ihm bevorstand. „Hm! hm!“ Der Oberst räusperte sich, dann hub er von neuem an: „Sagen Sie mir, was halten Sie von der Italienerin? Ist sie einfach eine Erzkokette, oder ist sie wirklich gestört?“ Zdenko sann einen Augenblick nach, nahm seine Cigarette von den Lippen und blies langsam den Rauch in die feuchte, goldschimmernde Luft. „Darüber bin ich mir selber nicht klar,“ sagte er langsam. „Nun, ich auch nicht,“ erwiderte ihm der Oberst, „aber über das eine herrscht bei mir kein Zweifel – darüber, daß Sie wieder einmal im Begriff stehen, Unheil anzurichten, mein lieber Swoyschin. Nehmen Sie sich in acht; besonders in Ihrer jetzigen Lage wär’s nicht angenehm für Sie, zwischen zwei Stühle zu geraten.“ Swoyschin nagte unruhig an seiner Oberlippe. Seine auffällige Empfindlichkeit bewies in diesem Fall deutlich, daß er kein ganz reines Gewissen habe. Er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0128" n="127"/> Wesen anzubandeln?! Die Sache machte ihm schwere Sorgen. Er war davon überzeugt, daß Swoyschin sich wieder einmal für viel Verdruß und wenig Pläsier „eintunken“ würde, und trachtete vorzubeugen.</p> <p>„Swoyschin!“ begann er in bedeutsamen Ton aus seinem gedankenvollen Schweigen heraus.</p> <p>„Ja, Herr Oberst!“ entgegnete etwas beunruhigt der Adjutant, der offenbar schon ahnte, was ihm bevorstand.</p> <p>„Hm! hm!“ Der Oberst räusperte sich, dann hub er von neuem an: „Sagen Sie mir, was halten Sie von der Italienerin? Ist sie einfach eine Erzkokette, oder ist sie wirklich gestört?“</p> <p>Zdenko sann einen Augenblick nach, nahm seine Cigarette von den Lippen und blies langsam den Rauch in die feuchte, goldschimmernde Luft. „Darüber bin ich mir selber nicht klar,“ sagte er langsam.</p> <p>„Nun, ich auch nicht,“ erwiderte ihm der Oberst, „aber über das eine herrscht bei mir kein Zweifel – darüber, daß Sie wieder einmal im Begriff stehen, Unheil anzurichten, mein lieber Swoyschin. Nehmen Sie sich in acht; besonders in Ihrer jetzigen Lage wär’s nicht angenehm für Sie, zwischen zwei Stühle zu geraten.“</p> <p>Swoyschin nagte unruhig an seiner Oberlippe. Seine auffällige Empfindlichkeit bewies in diesem Fall deutlich, daß er kein ganz reines Gewissen habe. Er </p> </div> </body> </text> </TEI> [127/0128]
Wesen anzubandeln?! Die Sache machte ihm schwere Sorgen. Er war davon überzeugt, daß Swoyschin sich wieder einmal für viel Verdruß und wenig Pläsier „eintunken“ würde, und trachtete vorzubeugen.
„Swoyschin!“ begann er in bedeutsamen Ton aus seinem gedankenvollen Schweigen heraus.
„Ja, Herr Oberst!“ entgegnete etwas beunruhigt der Adjutant, der offenbar schon ahnte, was ihm bevorstand.
„Hm! hm!“ Der Oberst räusperte sich, dann hub er von neuem an: „Sagen Sie mir, was halten Sie von der Italienerin? Ist sie einfach eine Erzkokette, oder ist sie wirklich gestört?“
Zdenko sann einen Augenblick nach, nahm seine Cigarette von den Lippen und blies langsam den Rauch in die feuchte, goldschimmernde Luft. „Darüber bin ich mir selber nicht klar,“ sagte er langsam.
„Nun, ich auch nicht,“ erwiderte ihm der Oberst, „aber über das eine herrscht bei mir kein Zweifel – darüber, daß Sie wieder einmal im Begriff stehen, Unheil anzurichten, mein lieber Swoyschin. Nehmen Sie sich in acht; besonders in Ihrer jetzigen Lage wär’s nicht angenehm für Sie, zwischen zwei Stühle zu geraten.“
Swoyschin nagte unruhig an seiner Oberlippe. Seine auffällige Empfindlichkeit bewies in diesem Fall deutlich, daß er kein ganz reines Gewissen habe. Er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |