Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.Schläfen zwischen den Händen, brütet sie vor sich hin. "Du weißt, was in dem Briefe steht, was er von mir verlangt?" spricht sie endlich, zu der alten Amme aufsehend. Die Nanon nickt - "freilich weiß ich's - er hat es mir gesagt, armer, lieber Herr!" "Und ... und ..." Julie packt die Alte mit beiden Händen an dem kräftigen Arme - "ist er mir böse?" "Er fürchtet, daß Madame ihn nicht liebt." Wieder sinkt Juliens Köpfchen zwischen ihre Hände. "Oh Nanon - ist's ihm Ernst, beabsichtigt er wirklich, nach Amerika hinüberzugehen?" murmelte sie. "Gewiß!" Nanon nickt. "Aber, was kann ich thun!" ruft Julie, "ich kann doch nicht um Mitternacht ... Es ist ja unmöglich, ganz unmöglich! ..." und sie ringt verzweiflungsvoll die Hände, und die Thränen perlen schneller und schneller über ihre vor Scham erglühenden Wangen. Nanon hat Julie Victoire aufrichtig lieb - aber sie hat fünf Goldstücke Lancelot de Letoriere's Schläfen zwischen den Händen, brütet sie vor sich hin. „Du weißt, was in dem Briefe steht, was er von mir verlangt?“ spricht sie endlich, zu der alten Amme aufsehend. Die Nanon nickt – „freilich weiß ich’s – er hat es mir gesagt, armer, lieber Herr!“ „Und … und …“ Julie packt die Alte mit beiden Händen an dem kräftigen Arme – „ist er mir böse?“ „Er fürchtet, daß Madame ihn nicht liebt.“ Wieder sinkt Juliens Köpfchen zwischen ihre Hände. „Oh Nanon – ist’s ihm Ernst, beabsichtigt er wirklich, nach Amerika hinüberzugehen?“ murmelte sie. „Gewiß!“ Nanon nickt. „Aber, was kann ich thun!“ ruft Julie, „ich kann doch nicht um Mitternacht … Es ist ja unmöglich, ganz unmöglich! …“ und sie ringt verzweiflungsvoll die Hände, und die Thränen perlen schneller und schneller über ihre vor Scham erglühenden Wangen. Nanon hat Julie Victoire aufrichtig lieb – aber sie hat fünf Goldstücke Lancelot de Letorière’s <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0076" n="76"/> Schläfen zwischen den Händen, brütet sie vor sich hin. „Du weißt, was in dem Briefe steht, was er von mir verlangt?“ spricht sie endlich, zu der alten Amme aufsehend.</p> <p>Die Nanon nickt – „freilich weiß ich’s – er hat es mir gesagt, armer, lieber Herr!“</p> <p>„Und … und …“ Julie packt die Alte mit beiden Händen an dem kräftigen Arme – „ist er mir böse?“</p> <p>„Er fürchtet, daß Madame ihn nicht liebt.“</p> <p>Wieder sinkt Juliens Köpfchen zwischen ihre Hände. „Oh Nanon – ist’s ihm Ernst, beabsichtigt er wirklich, nach Amerika hinüberzugehen?“ murmelte sie.</p> <p>„Gewiß!“ Nanon nickt.</p> <p>„Aber, was kann ich thun!“ ruft Julie, „ich kann doch nicht um Mitternacht … Es ist ja unmöglich, ganz unmöglich! …“ und sie ringt verzweiflungsvoll die Hände, und die Thränen perlen schneller und schneller über ihre vor Scham erglühenden Wangen.</p> <p>Nanon hat Julie Victoire aufrichtig lieb – aber sie hat fünf Goldstücke Lancelot de Letorière’s </p> </div> </body> </text> </TEI> [76/0076]
Schläfen zwischen den Händen, brütet sie vor sich hin. „Du weißt, was in dem Briefe steht, was er von mir verlangt?“ spricht sie endlich, zu der alten Amme aufsehend.
Die Nanon nickt – „freilich weiß ich’s – er hat es mir gesagt, armer, lieber Herr!“
„Und … und …“ Julie packt die Alte mit beiden Händen an dem kräftigen Arme – „ist er mir böse?“
„Er fürchtet, daß Madame ihn nicht liebt.“
Wieder sinkt Juliens Köpfchen zwischen ihre Hände. „Oh Nanon – ist’s ihm Ernst, beabsichtigt er wirklich, nach Amerika hinüberzugehen?“ murmelte sie.
„Gewiß!“ Nanon nickt.
„Aber, was kann ich thun!“ ruft Julie, „ich kann doch nicht um Mitternacht … Es ist ja unmöglich, ganz unmöglich! …“ und sie ringt verzweiflungsvoll die Hände, und die Thränen perlen schneller und schneller über ihre vor Scham erglühenden Wangen.
Nanon hat Julie Victoire aufrichtig lieb – aber sie hat fünf Goldstücke Lancelot de Letorière’s
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Zitationshilfe: | Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/76>, abgerufen am 16.07.2024. |