Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.murmelt er, jetzt selber seinen Opfermuth belächelnd. "Peut-etre apres tont, l'ai-je echappe belle. - Mir liegt an der ganzen Sache wahrlich nicht so viel," setzt er, ein Schnippchen schlagend, hinzu; "nichts desto weniger werde ich ihr den Streich, welchen sie mir gespielt, nie vergessen, dieser vieille collet monte - der Etiquette!" Indem tritt ein Diener herein und präsentirt ihm ein Briefchen. Nicht ohne Hast greift er nach dem Billet, öffnet es mit vor Aufregung zitternden Fingern. Die Orthographie des Briefchens ist zweifelhaft, die große, unausgeschriebene Kinderschrift geht im Zickzack, aber der Stil ist allerliebst, - so findet es zum wenigsten der Vicomte, da er mit vor Rührung feucht aufglänzenden Augen liest: "O, Du meine Seele, mein Glück! Wenn Du wüßtest, wie sich mein Herz wund sehnt nach Dir, besonders jetzt, seit ich weiß, daß Du krank liegst, einsam und traurig! Und da gefangen sein, Dich nicht pflegen dürfen! Ach, es ist schrecklich! Mein Herz flattert mir in der Brust herum, wie ein armes Vöglein, das sich vergeblich gegen die murmelt er, jetzt selber seinen Opfermuth belächelnd. „Peut-être aprés tont, l’ai-je échappé belle. – Mir liegt an der ganzen Sache wahrlich nicht so viel,“ setzt er, ein Schnippchen schlagend, hinzu; „nichts desto weniger werde ich ihr den Streich, welchen sie mir gespielt, nie vergessen, dieser vieille collet monté – der Etiquette!“ Indem tritt ein Diener herein und präsentirt ihm ein Briefchen. Nicht ohne Hast greift er nach dem Billet, öffnet es mit vor Aufregung zitternden Fingern. Die Orthographie des Briefchens ist zweifelhaft, die große, unausgeschriebene Kinderschrift geht im Zickzack, aber der Stil ist allerliebst, – so findet es zum wenigsten der Vicomte, da er mit vor Rührung feucht aufglänzenden Augen liest: „O, Du meine Seele, mein Glück! Wenn Du wüßtest, wie sich mein Herz wund sehnt nach Dir, besonders jetzt, seit ich weiß, daß Du krank liegst, einsam und traurig! Und da gefangen sein, Dich nicht pflegen dürfen! Ach, es ist schrecklich! Mein Herz flattert mir in der Brust herum, wie ein armes Vöglein, das sich vergeblich gegen die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="36"/> murmelt er, jetzt selber seinen Opfermuth belächelnd. „<hi rendition="#aq">Peut-être aprés tont, l’ai-je échappé belle.</hi> – Mir liegt an der ganzen Sache wahrlich nicht so viel,“ setzt er, ein Schnippchen schlagend, hinzu; „nichts desto weniger werde ich ihr den Streich, welchen sie mir gespielt, nie vergessen, dieser <hi rendition="#aq">vieille collet monté</hi> – der Etiquette!“</p> <p>Indem tritt ein Diener herein und präsentirt ihm ein Briefchen.</p> <p>Nicht ohne Hast greift er nach dem Billet, öffnet es mit vor Aufregung zitternden Fingern. Die Orthographie des Briefchens ist zweifelhaft, die große, unausgeschriebene Kinderschrift geht im Zickzack, aber der Stil ist allerliebst, – so findet es zum wenigsten der Vicomte, da er mit vor Rührung feucht aufglänzenden Augen liest:</p> <p>„O, Du meine Seele, mein Glück! Wenn Du wüßtest, wie sich mein Herz wund sehnt nach Dir, besonders jetzt, seit ich weiß, daß Du krank liegst, einsam und traurig! Und da gefangen sein, Dich nicht pflegen dürfen! Ach, es ist schrecklich! Mein Herz flattert mir in der Brust herum, wie ein armes Vöglein, das sich vergeblich gegen die </p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0036]
murmelt er, jetzt selber seinen Opfermuth belächelnd. „Peut-être aprés tont, l’ai-je échappé belle. – Mir liegt an der ganzen Sache wahrlich nicht so viel,“ setzt er, ein Schnippchen schlagend, hinzu; „nichts desto weniger werde ich ihr den Streich, welchen sie mir gespielt, nie vergessen, dieser vieille collet monté – der Etiquette!“
Indem tritt ein Diener herein und präsentirt ihm ein Briefchen.
Nicht ohne Hast greift er nach dem Billet, öffnet es mit vor Aufregung zitternden Fingern. Die Orthographie des Briefchens ist zweifelhaft, die große, unausgeschriebene Kinderschrift geht im Zickzack, aber der Stil ist allerliebst, – so findet es zum wenigsten der Vicomte, da er mit vor Rührung feucht aufglänzenden Augen liest:
„O, Du meine Seele, mein Glück! Wenn Du wüßtest, wie sich mein Herz wund sehnt nach Dir, besonders jetzt, seit ich weiß, daß Du krank liegst, einsam und traurig! Und da gefangen sein, Dich nicht pflegen dürfen! Ach, es ist schrecklich! Mein Herz flattert mir in der Brust herum, wie ein armes Vöglein, das sich vergeblich gegen die
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