Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887.

Bild:
<< vorherige Seite

Choiseulisten, die Aufgeklärten sind es, welche dem Könige die Sterbesacramente aufdrängen - und die Aiguillonisten, die Jesuitenfreunde, halten die Thür seines Schlafgemaches zu! -

Dumpfe Echos des großen Streites dringen bis zu dem Sterbenden hinein. Das Viaticum oder die Du Barry? ... Hier die Absolution und das Paradies, ein vages Mysterium in einer Wolke von grauem Weihrauchduft - dort die schöne, verlockende Sünde in greifbarster Wirklichkeit. So lange er noch auf Genesung hofft, zögert er. Wie der große Constantin scheint auch Ludwig, der Vielgeliebte, der Ansicht gewesen zu sein, sich erst dann mit sühnender Buße zu beschädigen, wenn er die Sünde nicht mehr genießen könne.

Aber sein Zustand verschlimmert sich täglich, ja stündlich - es steht schlecht um die Du Barry, schlecht um den König. Immer beängstigender umkreisen seine alten Feinde, die schwarzen Schmetterlinge, das gesalbte Haupt, und mit Angst und Schrecken merkt's die Du Barry, diesmal versagt ihre Kunst ihr den Dienst - sie kann nicht fertig werden mit ihnen, kann es nicht

Choiseulisten, die Aufgeklärten sind es, welche dem Könige die Sterbesacramente aufdrängen – und die Aiguillonisten, die Jesuitenfreunde, halten die Thür seines Schlafgemaches zu! –

Dumpfe Echos des großen Streites dringen bis zu dem Sterbenden hinein. Das Viaticum oder die Du Barry? … Hier die Absolution und das Paradies, ein vages Mysterium in einer Wolke von grauem Weihrauchduft – dort die schöne, verlockende Sünde in greifbarster Wirklichkeit. So lange er noch auf Genesung hofft, zögert er. Wie der große Constantin scheint auch Ludwig, der Vielgeliebte, der Ansicht gewesen zu sein, sich erst dann mit sühnender Buße zu beschädigen, wenn er die Sünde nicht mehr genießen könne.

Aber sein Zustand verschlimmert sich täglich, ja stündlich – es steht schlecht um die Du Barry, schlecht um den König. Immer beängstigender umkreisen seine alten Feinde, die schwarzen Schmetterlinge, das gesalbte Haupt, und mit Angst und Schrecken merkt’s die Du Barry, diesmal versagt ihre Kunst ihr den Dienst – sie kann nicht fertig werden mit ihnen, kann es nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="16"/>
Choiseulisten, die Aufgeklärten sind es, welche dem Könige die Sterbesacramente aufdrängen &#x2013; und die Aiguillonisten, die Jesuitenfreunde, halten die Thür seines Schlafgemaches zu! &#x2013;</p>
        <p>Dumpfe Echos des großen Streites dringen bis zu dem Sterbenden hinein. Das Viaticum oder die Du Barry? &#x2026; Hier die Absolution und das Paradies, ein vages Mysterium in einer Wolke von grauem Weihrauchduft &#x2013; dort die schöne, verlockende Sünde in greifbarster Wirklichkeit. So lange er noch auf Genesung hofft, zögert er. Wie der große Constantin scheint auch Ludwig, der Vielgeliebte, der Ansicht gewesen zu sein, sich erst dann mit sühnender Buße zu beschädigen, wenn er die Sünde nicht mehr genießen könne.</p>
        <p>Aber sein Zustand verschlimmert sich täglich, ja stündlich &#x2013; es steht schlecht um die Du Barry, schlecht um den König. Immer beängstigender umkreisen seine alten Feinde, die schwarzen Schmetterlinge, das gesalbte Haupt, und mit Angst und Schrecken merkt&#x2019;s die Du Barry, diesmal versagt ihre Kunst ihr den Dienst &#x2013; sie kann nicht fertig werden mit ihnen, kann es nicht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0016] Choiseulisten, die Aufgeklärten sind es, welche dem Könige die Sterbesacramente aufdrängen – und die Aiguillonisten, die Jesuitenfreunde, halten die Thür seines Schlafgemaches zu! – Dumpfe Echos des großen Streites dringen bis zu dem Sterbenden hinein. Das Viaticum oder die Du Barry? … Hier die Absolution und das Paradies, ein vages Mysterium in einer Wolke von grauem Weihrauchduft – dort die schöne, verlockende Sünde in greifbarster Wirklichkeit. So lange er noch auf Genesung hofft, zögert er. Wie der große Constantin scheint auch Ludwig, der Vielgeliebte, der Ansicht gewesen zu sein, sich erst dann mit sühnender Buße zu beschädigen, wenn er die Sünde nicht mehr genießen könne. Aber sein Zustand verschlimmert sich täglich, ja stündlich – es steht schlecht um die Du Barry, schlecht um den König. Immer beängstigender umkreisen seine alten Feinde, die schwarzen Schmetterlinge, das gesalbte Haupt, und mit Angst und Schrecken merkt’s die Du Barry, diesmal versagt ihre Kunst ihr den Dienst – sie kann nicht fertig werden mit ihnen, kann es nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Die großen Umlaute ”Ue“ der Vorlage wurden der heutigen Schreibweise ”Ü“ angepasst.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/16
Zitationshilfe: Schubin, Ossip: Etiquette. Eine Rococo-Arabeske. Berlin, 1887, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubin_etiquette_1887/16>, abgerufen am 24.11.2024.