Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

und Bienen des Bienenköniges: Speiseherren und
Speisefrauen, Vertheiler der Kost. Ja in der Spra-
che ist die Biene nichts anders als die Sprecherin,
"die das Evangelium des neuen Gesetzes verkündigt"
und das Wort selber. *) Außer diesem war
schon der Honig den Alten ein Bild des Todes, und
jener mythische Glaucos, der anderwärts der Fisch sel-
ber ist, der Menschen verschlingt, stirbt im Honig, und
wird wieder erweckt, (nach dem alten Sprichwort:
Glaukos, da er Honig getrunken, ist wieder auferstan-
den,) wobey selbst die Schlange und der dreyfarbige
Stein, der die Farben mit dem Tageslicht wechselt,
nicht ohne Bedeutung scheinen. Honig ist von den
ältesten Zeiten, bis zu jenen des Christenthums, Sinn-
bild der Entsühnung und psychischen Reinigung. Auf
dieselbe Weise ist denn auch dem Mensch gewordenen
Gott Chrishna der Inder die Biene heilig, ist
sein Symbol.

Die Biene ist aber auch Bild der Zeugung, der
Schöpferkraft, aus welcher die Sinnenwelt, die sicht-
bare Natur hervorgeht. Dasselbe bedeutet auch dem
ganzen Alterthum der Stier, welchem als Weltstier
alle Samen der sichtbaren Schöpfung anvertraut wer-
den. Jenes Fleisch gewordene Wort, dessen sinnlich-
ste Offenbarung die uns umgebende Natur, und die
ganze bunte, vielgestaltige Welt der Sinne ist, jener
Weltschöpfer und Hervorbringer der Vielheit, wird

deß-
*) Kanne's Pantheon, Pag. 340. Indische Myth. 268,
272. u. a. O.

und Bienen des Bienenkoͤniges: Speiſeherren und
Speiſefrauen, Vertheiler der Koſt. Ja in der Spra-
che iſt die Biene nichts anders als die Sprecherin,
„die das Evangelium des neuen Geſetzes verkuͤndigt“
und das Wort ſelber. *) Außer dieſem war
ſchon der Honig den Alten ein Bild des Todes, und
jener mythiſche Glaucos, der anderwaͤrts der Fiſch ſel-
ber iſt, der Menſchen verſchlingt, ſtirbt im Honig, und
wird wieder erweckt, (nach dem alten Sprichwort:
Glaukos, da er Honig getrunken, iſt wieder auferſtan-
den,) wobey ſelbſt die Schlange und der dreyfarbige
Stein, der die Farben mit dem Tageslicht wechſelt,
nicht ohne Bedeutung ſcheinen. Honig iſt von den
aͤlteſten Zeiten, bis zu jenen des Chriſtenthums, Sinn-
bild der Entſuͤhnung und pſychiſchen Reinigung. Auf
dieſelbe Weiſe iſt denn auch dem Menſch gewordenen
Gott Chrishna der Inder die Biene heilig, iſt
ſein Symbol.

Die Biene iſt aber auch Bild der Zeugung, der
Schoͤpferkraft, aus welcher die Sinnenwelt, die ſicht-
bare Natur hervorgeht. Daſſelbe bedeutet auch dem
ganzen Alterthum der Stier, welchem als Weltſtier
alle Samen der ſichtbaren Schoͤpfung anvertraut wer-
den. Jenes Fleiſch gewordene Wort, deſſen ſinnlich-
ſte Offenbarung die uns umgebende Natur, und die
ganze bunte, vielgeſtaltige Welt der Sinne iſt, jener
Weltſchoͤpfer und Hervorbringer der Vielheit, wird

deß-
*) Kanne’s Pantheon, Pag. 340. Indiſche Myth. 268,
272. u. a. O.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="53"/>
und Bienen des Bienenko&#x0364;niges: Spei&#x017F;eherren und<lb/>
Spei&#x017F;efrauen, Vertheiler der Ko&#x017F;t. Ja in der Spra-<lb/>
che i&#x017F;t die Biene nichts anders als die Sprecherin,<lb/>
&#x201E;die das Evangelium des neuen Ge&#x017F;etzes verku&#x0364;ndigt&#x201C;<lb/>
und <hi rendition="#g">das Wort</hi> &#x017F;elber. <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Kanne&#x2019;s</hi> Pantheon, Pag. 340. Indi&#x017F;che Myth. 268,<lb/>
272. u. a. O.</note> Außer die&#x017F;em war<lb/>
&#x017F;chon der Honig den Alten ein Bild des Todes, und<lb/>
jener mythi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Glaucos,</hi> der anderwa&#x0364;rts der Fi&#x017F;ch &#x017F;el-<lb/>
ber i&#x017F;t, der Men&#x017F;chen ver&#x017F;chlingt, &#x017F;tirbt im Honig, und<lb/>
wird wieder erweckt, (nach dem alten Sprichwort:<lb/>
Glaukos, da er Honig getrunken, i&#x017F;t wieder aufer&#x017F;tan-<lb/>
den,) wobey &#x017F;elb&#x017F;t die Schlange und der dreyfarbige<lb/>
Stein, der die Farben mit dem Tageslicht wech&#x017F;elt,<lb/>
nicht ohne Bedeutung &#x017F;cheinen. Honig i&#x017F;t von den<lb/>
a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten, bis zu jenen des Chri&#x017F;tenthums, Sinn-<lb/>
bild der Ent&#x017F;u&#x0364;hnung und p&#x017F;ychi&#x017F;chen Reinigung. Auf<lb/>
die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e i&#x017F;t denn auch dem Men&#x017F;ch gewordenen<lb/>
Gott <hi rendition="#aq">Chrishna</hi> der Inder die Biene heilig, i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ein Symbol.</p><lb/>
        <p>Die Biene i&#x017F;t aber auch Bild der Zeugung, der<lb/>
Scho&#x0364;pferkraft, aus welcher die Sinnenwelt, die &#x017F;icht-<lb/>
bare Natur hervorgeht. Da&#x017F;&#x017F;elbe bedeutet auch dem<lb/>
ganzen Alterthum der Stier, welchem als Welt&#x017F;tier<lb/>
alle Samen der &#x017F;ichtbaren Scho&#x0364;pfung anvertraut wer-<lb/>
den. Jenes Flei&#x017F;ch gewordene Wort, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;innlich-<lb/>
&#x017F;te Offenbarung die uns umgebende Natur, und die<lb/>
ganze bunte, vielge&#x017F;taltige Welt der Sinne i&#x017F;t, jener<lb/>
Welt&#x017F;cho&#x0364;pfer und Hervorbringer der Vielheit, wird<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">deß-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0063] und Bienen des Bienenkoͤniges: Speiſeherren und Speiſefrauen, Vertheiler der Koſt. Ja in der Spra- che iſt die Biene nichts anders als die Sprecherin, „die das Evangelium des neuen Geſetzes verkuͤndigt“ und das Wort ſelber. *) Außer dieſem war ſchon der Honig den Alten ein Bild des Todes, und jener mythiſche Glaucos, der anderwaͤrts der Fiſch ſel- ber iſt, der Menſchen verſchlingt, ſtirbt im Honig, und wird wieder erweckt, (nach dem alten Sprichwort: Glaukos, da er Honig getrunken, iſt wieder auferſtan- den,) wobey ſelbſt die Schlange und der dreyfarbige Stein, der die Farben mit dem Tageslicht wechſelt, nicht ohne Bedeutung ſcheinen. Honig iſt von den aͤlteſten Zeiten, bis zu jenen des Chriſtenthums, Sinn- bild der Entſuͤhnung und pſychiſchen Reinigung. Auf dieſelbe Weiſe iſt denn auch dem Menſch gewordenen Gott Chrishna der Inder die Biene heilig, iſt ſein Symbol. Die Biene iſt aber auch Bild der Zeugung, der Schoͤpferkraft, aus welcher die Sinnenwelt, die ſicht- bare Natur hervorgeht. Daſſelbe bedeutet auch dem ganzen Alterthum der Stier, welchem als Weltſtier alle Samen der ſichtbaren Schoͤpfung anvertraut wer- den. Jenes Fleiſch gewordene Wort, deſſen ſinnlich- ſte Offenbarung die uns umgebende Natur, und die ganze bunte, vielgeſtaltige Welt der Sinne iſt, jener Weltſchoͤpfer und Hervorbringer der Vielheit, wird deß- *) Kanne’s Pantheon, Pag. 340. Indiſche Myth. 268, 272. u. a. O.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/63
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/63>, abgerufen am 26.11.2024.