ziehung öfters Speisevertheiler, gerechter, liebreicher Austheiler der Kost. Ja selbst die aus dem Leibe der Titanen entstandenen Menschen wurden deßhalb als Theile des Gottes betrachtet, weil die Titanen von dem Fleische des Gottes gegessen hatten.
Freylich wurden auch jene sinnvollen und alten Gebräuche schon von der frühesten Zeit an, durch ei- ne seltsame Sprachenverwirrung, von der wir in ei- nem der nächsten Abschnitte reden werden, auf die mannichfaltigste und gräulichste Weise entstellt. Aus Thieropfern wurden grausame Menschenopfer: die geist- vollsten Bilder wurden zu Zerrbildern und Schreckge- stalten, doch giebt es auch hier Mittel, die verzerrten Theile zu einem kenntlichen Ganzen zu vereinen und alle jene Züge werden dann Belege zu der Wahrheit: daß die älteste Zeit in prophetischem Geist Vieles erkannt, was erst spät zur Erfüllung gekommen. Wir könnten die- ses, wenn hier gerade (in einem Traumbuche) der Ort dazu wäre, noch aus mannichfaltigen Beyspielen zeigen, was auch bereits von Andern geschehen ist. *) Selbst das gefallene, ausgeartete Geschlecht, scheint sich eine alte, heilige Offenbarung bewahrt zu haben. Aber woher, auf welchem Wege, kam jene alte Of- fenbarung? -- Abermals durch das fleischgewordene Wort, durch jenes göttliche Wort, das sich selbst nach der Dionysus-Lehre, als bunte Mannichfalttgkeit
der
*) Man sehe hierüber Friedrich Schlegels Werk über die Lehre und Weisheit der Inder.
ziehung oͤfters Speiſevertheiler, gerechter, liebreicher Austheiler der Koſt. Ja ſelbſt die aus dem Leibe der Titanen entſtandenen Menſchen wurden deßhalb als Theile des Gottes betrachtet, weil die Titanen von dem Fleiſche des Gottes gegeſſen hatten.
Freylich wurden auch jene ſinnvollen und alten Gebraͤuche ſchon von der fruͤheſten Zeit an, durch ei- ne ſeltſame Sprachenverwirrung, von der wir in ei- nem der naͤchſten Abſchnitte reden werden, auf die mannichfaltigſte und graͤulichſte Weiſe entſtellt. Aus Thieropfern wurden grauſame Menſchenopfer: die geiſt- vollſten Bilder wurden zu Zerrbildern und Schreckge- ſtalten, doch giebt es auch hier Mittel, die verzerrten Theile zu einem kenntlichen Ganzen zu vereinen und alle jene Zuͤge werden dann Belege zu der Wahrheit: daß die aͤlteſte Zeit in prophetiſchem Geiſt Vieles erkannt, was erſt ſpaͤt zur Erfuͤllung gekommen. Wir koͤnnten die- ſes, wenn hier gerade (in einem Traumbuche) der Ort dazu waͤre, noch aus mannichfaltigen Beyſpielen zeigen, was auch bereits von Andern geſchehen iſt. *) Selbſt das gefallene, ausgeartete Geſchlecht, ſcheint ſich eine alte, heilige Offenbarung bewahrt zu haben. Aber woher, auf welchem Wege, kam jene alte Of- fenbarung? — Abermals durch das fleiſchgewordene Wort, durch jenes goͤttliche Wort, das ſich ſelbſt nach der Dionyſus-Lehre, als bunte Mannichfalttgkeit
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*) Man ſehe hieruͤber Friedrich Schlegels Werk uͤber die Lehre und Weisheit der Inder.
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ziehung oͤfters Speiſevertheiler, gerechter, liebreicher
Austheiler der Koſt. Ja ſelbſt die aus dem Leibe der
Titanen entſtandenen Menſchen wurden deßhalb als
Theile des Gottes betrachtet, weil die Titanen von
dem Fleiſche des Gottes gegeſſen hatten.
Freylich wurden auch jene ſinnvollen und alten
Gebraͤuche ſchon von der fruͤheſten Zeit an, durch ei-
ne ſeltſame Sprachenverwirrung, von der wir in ei-
nem der naͤchſten Abſchnitte reden werden, auf die
mannichfaltigſte und graͤulichſte Weiſe entſtellt. Aus
Thieropfern wurden grauſame Menſchenopfer: die geiſt-
vollſten Bilder wurden zu Zerrbildern und Schreckge-
ſtalten, doch giebt es auch hier Mittel, die verzerrten
Theile zu einem kenntlichen Ganzen zu vereinen und
alle jene Zuͤge werden dann Belege zu der Wahrheit: daß
die aͤlteſte Zeit in prophetiſchem Geiſt Vieles erkannt, was
erſt ſpaͤt zur Erfuͤllung gekommen. Wir koͤnnten die-
ſes, wenn hier gerade (in einem Traumbuche) der
Ort dazu waͤre, noch aus mannichfaltigen Beyſpielen
zeigen, was auch bereits von Andern geſchehen iſt. *)
Selbſt das gefallene, ausgeartete Geſchlecht, ſcheint
ſich eine alte, heilige Offenbarung bewahrt zu haben.
Aber woher, auf welchem Wege, kam jene alte Of-
fenbarung? — Abermals durch das fleiſchgewordene
Wort, durch jenes goͤttliche Wort, das ſich ſelbſt
nach der Dionyſus-Lehre, als bunte Mannichfalttgkeit
der
*) Man ſehe hieruͤber Friedrich Schlegels Werk
uͤber die Lehre und Weisheit der Inder.
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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/60>, abgerufen am 28.07.2024.
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