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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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finden diesen seltsamen Kontrast auch hier wieder. Nicht
selten wurde ein empfängliches Herz gerade im Genusse
äußerer Lustbarkeiten, mitten im Taumel lebhafter sinn-
licher Vergnügungen, von einem tiefen Gefühl der Ei-
telkeit und Unsicherheit alles Irdischen und von dem
Sehnen nach einer höheren unvergänglichen Liebe er-
griffen *).

Wir könnten, wenn hier der Ort dazu schiene,
noch eine ungemeine Zahl jener merkwürdigen Fälle
anführen, wo eine durchs ganze Leben bleibende gänz-
liche Sinnesänderung auf einmal, durch irgend eine
tief aufs Gefühl wirkende Veranlassung herbeygeführt
worden **) und wir enthalten uns hier absichtlich al-
ler jener seltenen Beyspiele, welche zu sehr ans Wun-
derbare gränzen ***), so wie jener, wo die geistige
Veränderung zu nahe am Tode erfolgte, wiewohl ohn-
fehlbar ein ernster erst an den Gränzen des jetzigen
Daseyns erwachter guter Wille, auch über diese Grän-
zen hinüber sich getreu zu bleiben vermag, indem nach
dem Ausdruck eines großen Mannes, der Mensch in
jedem Augenblick, sobald er nur ernstlich will, sich
von seiner bisherigen Verkehrtheit lossagen und besser
werden kann.

Oef-
*) Ebend. S. 122. die Pilgerreise u. f. S. 15, Bunians
Leben, bey Arnold, a. a. O.
**) Die angeführten Werke von Reiz, Terstegen,
Arnold
u. A. so wie die Basler Sammlungen ent-
halten eine Menge.
***) Augustini confessiones.

finden dieſen ſeltſamen Kontraſt auch hier wieder. Nicht
ſelten wurde ein empfaͤngliches Herz gerade im Genuſſe
aͤußerer Luſtbarkeiten, mitten im Taumel lebhafter ſinn-
licher Vergnuͤgungen, von einem tiefen Gefuͤhl der Ei-
telkeit und Unſicherheit alles Irdiſchen und von dem
Sehnen nach einer hoͤheren unvergaͤnglichen Liebe er-
griffen *).

Wir koͤnnten, wenn hier der Ort dazu ſchiene,
noch eine ungemeine Zahl jener merkwuͤrdigen Faͤlle
anfuͤhren, wo eine durchs ganze Leben bleibende gaͤnz-
liche Sinnesaͤnderung auf einmal, durch irgend eine
tief aufs Gefuͤhl wirkende Veranlaſſung herbeygefuͤhrt
worden **) und wir enthalten uns hier abſichtlich al-
ler jener ſeltenen Beyſpiele, welche zu ſehr ans Wun-
derbare graͤnzen ***), ſo wie jener, wo die geiſtige
Veraͤnderung zu nahe am Tode erfolgte, wiewohl ohn-
fehlbar ein ernſter erſt an den Graͤnzen des jetzigen
Daſeyns erwachter guter Wille, auch uͤber dieſe Graͤn-
zen hinuͤber ſich getreu zu bleiben vermag, indem nach
dem Ausdruck eines großen Mannes, der Menſch in
jedem Augenblick, ſobald er nur ernſtlich will, ſich
von ſeiner bisherigen Verkehrtheit losſagen und beſſer
werden kann.

Oef-
*) Ebend. S. 122. die Pilgerreiſe u. f. S. 15, Bunians
Leben, bey Arnold, a. a. O.
**) Die angefuͤhrten Werke von Reiz, Terſtegen,
Arnold
u. A. ſo wie die Basler Sammlungen ent-
halten eine Menge.
***) Auguſtini confessiones.
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[182/0192] finden dieſen ſeltſamen Kontraſt auch hier wieder. Nicht ſelten wurde ein empfaͤngliches Herz gerade im Genuſſe aͤußerer Luſtbarkeiten, mitten im Taumel lebhafter ſinn- licher Vergnuͤgungen, von einem tiefen Gefuͤhl der Ei- telkeit und Unſicherheit alles Irdiſchen und von dem Sehnen nach einer hoͤheren unvergaͤnglichen Liebe er- griffen *). Wir koͤnnten, wenn hier der Ort dazu ſchiene, noch eine ungemeine Zahl jener merkwuͤrdigen Faͤlle anfuͤhren, wo eine durchs ganze Leben bleibende gaͤnz- liche Sinnesaͤnderung auf einmal, durch irgend eine tief aufs Gefuͤhl wirkende Veranlaſſung herbeygefuͤhrt worden **) und wir enthalten uns hier abſichtlich al- ler jener ſeltenen Beyſpiele, welche zu ſehr ans Wun- derbare graͤnzen ***), ſo wie jener, wo die geiſtige Veraͤnderung zu nahe am Tode erfolgte, wiewohl ohn- fehlbar ein ernſter erſt an den Graͤnzen des jetzigen Daſeyns erwachter guter Wille, auch uͤber dieſe Graͤn- zen hinuͤber ſich getreu zu bleiben vermag, indem nach dem Ausdruck eines großen Mannes, der Menſch in jedem Augenblick, ſobald er nur ernſtlich will, ſich von ſeiner bisherigen Verkehrtheit losſagen und beſſer werden kann. Oef- *) Ebend. S. 122. die Pilgerreiſe u. f. S. 15, Bunians Leben, bey Arnold, a. a. O. **) Die angefuͤhrten Werke von Reiz, Terſtegen, Arnold u. A. ſo wie die Basler Sammlungen ent- halten eine Menge. ***) Auguſtini confessiones.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/192>, abgerufen am 24.11.2024.