chem jedoch auch zuweilen die Ehehälfte verstanden wird; Bettler, Huren und Betrunkenheit, bezeichnen das äußere gute Glück. Umgekehrt, deutet (kleines) Geld auf Verdruß, ein naher Geldverlust erscheint unter dem Bilde eines großen Gewinns; Schläge und Wunden von Einem empfangen, soll gerade umgekehrt auf Geschenke und äußere Güter deuten, welche der Träumer von Jenem zu gewarten hat.
Auch in andrer hiermit verwandter Beziehung, pflegt uns der versteckte Poet, wenigstens im Traume an die Kehrseite alles unseres irdischen Glückes zu erin- nern. Die nahe Beförderung zum äußern Glücke soll sich öfters unter dem Bilde einer Todtenbahre ver- sinnlichen; vor einer nahen äußern Glücks- und Stan- deserhebung, soll der Traum manchen Personen das Bild ihres eigenen Leichenbegängnisses zeigen; das Kreuz, sonst Symbol des Duldens, soll Triumph über die Feinde und Ansehen; Lilien blühen sehen: Spott und Verachtung vor der Welt bedeuten.
Eine andre Wortklasse der Traumsprache, welche vielleicht für den Psychologen von Profession nicht minder wichtig ist, scheinet sich zum Theil auf tiefer liegende Wechselbeziehungen zu gründen, und mit ei- ner Natursprache in Verwandschaft zu stehen, in wel- cher jeder Gegenstand eine eigene, öfters mit seinen uns bekannten Eigenschaften in keinem Zusammenhange stehende Eigenschaft hat. So, um nur einige Beyspiele zu geben, werden uns unsre eignen Leidenschaften und Begierden im Traume unter dem Bilde häßlicher oder furchtbarer Thiere, (die wir auf dem Schoße oder sonst
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chem jedoch auch zuweilen die Ehehaͤlfte verſtanden wird; Bettler, Huren und Betrunkenheit, bezeichnen das aͤußere gute Gluͤck. Umgekehrt, deutet (kleines) Geld auf Verdruß, ein naher Geldverluſt erſcheint unter dem Bilde eines großen Gewinns; Schlaͤge und Wunden von Einem empfangen, ſoll gerade umgekehrt auf Geſchenke und aͤußere Guͤter deuten, welche der Traͤumer von Jenem zu gewarten hat.
Auch in andrer hiermit verwandter Beziehung, pflegt uns der verſteckte Poet, wenigſtens im Traume an die Kehrſeite alles unſeres irdiſchen Gluͤckes zu erin- nern. Die nahe Befoͤrderung zum aͤußern Gluͤcke ſoll ſich oͤfters unter dem Bilde einer Todtenbahre ver- ſinnlichen; vor einer nahen aͤußern Gluͤcks- und Stan- deserhebung, ſoll der Traum manchen Perſonen das Bild ihres eigenen Leichenbegaͤngniſſes zeigen; das Kreuz, ſonſt Symbol des Duldens, ſoll Triumph uͤber die Feinde und Anſehen; Lilien bluͤhen ſehen: Spott und Verachtung vor der Welt bedeuten.
Eine andre Wortklaſſe der Traumſprache, welche vielleicht fuͤr den Pſychologen von Profeſſion nicht minder wichtig iſt, ſcheinet ſich zum Theil auf tiefer liegende Wechſelbeziehungen zu gruͤnden, und mit ei- ner Naturſprache in Verwandſchaft zu ſtehen, in wel- cher jeder Gegenſtand eine eigene, oͤfters mit ſeinen uns bekannten Eigenſchaften in keinem Zuſammenhange ſtehende Eigenſchaft hat. So, um nur einige Beyſpiele zu geben, werden uns unſre eignen Leidenſchaften und Begierden im Traume unter dem Bilde haͤßlicher oder furchtbarer Thiere, (die wir auf dem Schoße oder ſonſt
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chem jedoch auch zuweilen die Ehehaͤlfte verſtanden
wird; Bettler, Huren und Betrunkenheit, bezeichnen
das aͤußere gute Gluͤck. Umgekehrt, deutet (kleines)
Geld auf Verdruß, ein naher Geldverluſt erſcheint
unter dem Bilde eines großen Gewinns; Schlaͤge und
Wunden von Einem empfangen, ſoll gerade umgekehrt
auf Geſchenke und aͤußere Guͤter deuten, welche der
Traͤumer von Jenem zu gewarten hat.
Auch in andrer hiermit verwandter Beziehung,
pflegt uns der verſteckte Poet, wenigſtens im Traume
an die Kehrſeite alles unſeres irdiſchen Gluͤckes zu erin-
nern. Die nahe Befoͤrderung zum aͤußern Gluͤcke
ſoll ſich oͤfters unter dem Bilde einer Todtenbahre ver-
ſinnlichen; vor einer nahen aͤußern Gluͤcks- und Stan-
deserhebung, ſoll der Traum manchen Perſonen das
Bild ihres eigenen Leichenbegaͤngniſſes zeigen; das
Kreuz, ſonſt Symbol des Duldens, ſoll Triumph
uͤber die Feinde und Anſehen; Lilien bluͤhen ſehen:
Spott und Verachtung vor der Welt bedeuten.
Eine andre Wortklaſſe der Traumſprache, welche
vielleicht fuͤr den Pſychologen von Profeſſion nicht
minder wichtig iſt, ſcheinet ſich zum Theil auf tiefer
liegende Wechſelbeziehungen zu gruͤnden, und mit ei-
ner Naturſprache in Verwandſchaft zu ſtehen, in wel-
cher jeder Gegenſtand eine eigene, oͤfters mit ſeinen
uns bekannten Eigenſchaften in keinem Zuſammenhange
ſtehende Eigenſchaft hat. So, um nur einige Beyſpiele
zu geben, werden uns unſre eignen Leidenſchaften und
Begierden im Traume unter dem Bilde haͤßlicher oder
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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/19>, abgerufen am 28.07.2024.
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