reich ist wie jene geisterhafte, die für einen und den- selben Gegenstand so viele Worte hat, pflegt die Seele des Einen vorzugsweise den oder jenen Ausdruck, die oder jene Lieblingsconstruction zu wählen, die des An- dern jene. Gemeine Seelen sprechen demnach hier plart, gebildetere den höheren Dialect; wie in der Region des Scheines z. B. unser gemeines Volk plattdeutsch zu re- den pflegt, der vornehme Stand hochdeutsch.
Man darf mit Recht annehmen: daß ein Theil des Inhaltes unserer sogenannten Traumbücher, sich auf gute, mehrfach wiederholte Beobachtungen gründe; während ein andrer Theil jenes Inhaltes freilich bloß aus aberwitzigen Zusammenreimungen und künstlichen Deuteleyen besteht. Die Traumbücher verschiedener Rationen, werden sich, beim Vergleichen, in der Haupt- sache übereinstimmend zeigen, und diese Uebereinstim- mung scheinet nicht bloß daher zu kommen, daß ein Theil der ältesten Traumbücher, z. B. jenes des Car- dan in lateinischer Sprache geschrieben, und bei ver- schiedenen Nationen in den Händen der späteren Traum- beobachter waren. Unbefangene Selbstbeobachtung und selbst das, was uns Reisebeschreiber in jener Beziehung von nordamericanischen Volkern erzählen, führt uns auf ähnliche Prinzipien der Traumdeutung, als die in den Traumbüchern aufgeführten, und zum Theil dem gemeinen Volk aus Erfahrung und durch Tradition bekannten sind.
Wir wollen im Nachstehenden aus einem bewähr- teren Traumbuch einige Beyspiele von Traumbildern und ihren Deutungen mittheilen, welche zum Theil durch anderweitige Beobachtungen bestätigt sind.
Jener
reich iſt wie jene geiſterhafte, die fuͤr einen und den- ſelben Gegenſtand ſo viele Worte hat, pflegt die Seele des Einen vorzugsweiſe den oder jenen Ausdruck, die oder jene Lieblingsconſtruction zu waͤhlen, die des An- dern jene. Gemeine Seelen ſprechen demnach hier plart, gebildetere den hoͤheren Dialect; wie in der Region des Scheines z. B. unſer gemeines Volk plattdeutſch zu re- den pflegt, der vornehme Stand hochdeutſch.
Man darf mit Recht annehmen: daß ein Theil des Inhaltes unſerer ſogenannten Traumbuͤcher, ſich auf gute, mehrfach wiederholte Beobachtungen gruͤnde; waͤhrend ein andrer Theil jenes Inhaltes freilich bloß aus aberwitzigen Zuſammenreimungen und kuͤnſtlichen Deuteleyen beſteht. Die Traumbuͤcher verſchiedener Rationen, werden ſich, beim Vergleichen, in der Haupt- ſache uͤbereinſtimmend zeigen, und dieſe Uebereinſtim- mung ſcheinet nicht bloß daher zu kommen, daß ein Theil der aͤlteſten Traumbuͤcher, z. B. jenes des Car- dan in lateiniſcher Sprache geſchrieben, und bei ver- ſchiedenen Nationen in den Haͤnden der ſpaͤteren Traum- beobachter waren. Unbefangene Selbſtbeobachtung und ſelbſt das, was uns Reiſebeſchreiber in jener Beziehung von nordamericaniſchen Volkern erzaͤhlen, fuͤhrt uns auf aͤhnliche Prinzipien der Traumdeutung, als die in den Traumbuͤchern aufgefuͤhrten, und zum Theil dem gemeinen Volk aus Erfahrung und durch Tradition bekannten ſind.
Wir wollen im Nachſtehenden aus einem bewaͤhr- teren Traumbuch einige Beyſpiele von Traumbildern und ihren Deutungen mittheilen, welche zum Theil durch anderweitige Beobachtungen beſtaͤtigt ſind.
Jener
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reich iſt wie jene geiſterhafte, die fuͤr einen und den-
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des Einen vorzugsweiſe den oder jenen Ausdruck, die
oder jene Lieblingsconſtruction zu waͤhlen, die des An-
dern jene. Gemeine Seelen ſprechen demnach hier plart,
gebildetere den hoͤheren Dialect; wie in der Region des
Scheines z. B. unſer gemeines Volk plattdeutſch zu re-
den pflegt, der vornehme Stand hochdeutſch.
Man darf mit Recht annehmen: daß ein Theil
des Inhaltes unſerer ſogenannten Traumbuͤcher, ſich
auf gute, mehrfach wiederholte Beobachtungen gruͤnde;
waͤhrend ein andrer Theil jenes Inhaltes freilich bloß
aus aberwitzigen Zuſammenreimungen und kuͤnſtlichen
Deuteleyen beſteht. Die Traumbuͤcher verſchiedener
Rationen, werden ſich, beim Vergleichen, in der Haupt-
ſache uͤbereinſtimmend zeigen, und dieſe Uebereinſtim-
mung ſcheinet nicht bloß daher zu kommen, daß ein
Theil der aͤlteſten Traumbuͤcher, z. B. jenes des Car-
dan in lateiniſcher Sprache geſchrieben, und bei ver-
ſchiedenen Nationen in den Haͤnden der ſpaͤteren Traum-
beobachter waren. Unbefangene Selbſtbeobachtung und
ſelbſt das, was uns Reiſebeſchreiber in jener Beziehung
von nordamericaniſchen Volkern erzaͤhlen, fuͤhrt uns
auf aͤhnliche Prinzipien der Traumdeutung, als die in
den Traumbuͤchern aufgefuͤhrten, und zum Theil dem
gemeinen Volk aus Erfahrung und durch Tradition
bekannten ſind.
Wir wollen im Nachſtehenden aus einem bewaͤhr-
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und ihren Deutungen mittheilen, welche zum Theil
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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/14>, abgerufen am 16.07.2024.
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