liche Substanzen, bey manchen Personen die bloße Entfernung des Lichts, oder eine Augenkrankheit, *) bey andern das Hinausgehen aus der gewöhnlichen Umgebung **) selbst die nüchternste Besonnenheit zur Narrheit machen. Jene siebenzigjährige Alte, die an einer Verstopfung litt, welche anderer Umstände wegen nur an jedem sechsten. Tage künstlich gehoben werden konnte, war jedesmal in den ersten Tagen nach der Oeffnung ganz verständig, sich ihrer ganz bewußt, darauf trat eine Zeit ein, wo sie sich nur noch der vergnügtesten Periode ihres Lebens, der Jah- re der ersten Liebe, zwischen zwanzig und dreyßig er- innerte, dann erloschen auch diese Erinnerungen, sie war im tiefen Blödsinn sich ihrer nicht mehr bewußt, fragte nur noch zuweilen nach den ersten Pflegern ih- rer Kindheit, nach ihren verstorbenen Eltern. ***) Selbst bey den Anfällen jener fürchterlichen Mordlust, die mit Bewußtseyn verbunden, dennoch zu den Ab- arten des gewöhnlichen Wahnsinnes gehört, fühlt der geistig Kranke vor dem Anfalle ein Brennen in der Gegend des größten Gangliengeflechtes am Magen, hierauf einen wilden Andrang des Blutes nach dem Kopfe, und nun hat er noch kaum Zeit die geliebten Personen, die ihn umgeben, zur schnellsten Flucht zu ermahnen, wodurch sie allein den Ausbrüchen seiner Mordwuth entgehen können. *a)
In
*)Reil, S. 170 -- 172.
**) Cox, Seite 124 in der Note.
***)Reil, S. 96.
*a)Reils Rhapsodien, Seite 391 und 392.
liche Subſtanzen, bey manchen Perſonen die bloße Entfernung des Lichts, oder eine Augenkrankheit, *) bey andern das Hinausgehen aus der gewoͤhnlichen Umgebung **) ſelbſt die nuͤchternſte Beſonnenheit zur Narrheit machen. Jene ſiebenzigjaͤhrige Alte, die an einer Verſtopfung litt, welche anderer Umſtaͤnde wegen nur an jedem ſechsten. Tage kuͤnſtlich gehoben werden konnte, war jedesmal in den erſten Tagen nach der Oeffnung ganz verſtaͤndig, ſich ihrer ganz bewußt, darauf trat eine Zeit ein, wo ſie ſich nur noch der vergnuͤgteſten Periode ihres Lebens, der Jah- re der erſten Liebe, zwiſchen zwanzig und dreyßig er- innerte, dann erloſchen auch dieſe Erinnerungen, ſie war im tiefen Bloͤdſinn ſich ihrer nicht mehr bewußt, fragte nur noch zuweilen nach den erſten Pflegern ih- rer Kindheit, nach ihren verſtorbenen Eltern. ***) Selbſt bey den Anfaͤllen jener fuͤrchterlichen Mordluſt, die mit Bewußtſeyn verbunden, dennoch zu den Ab- arten des gewoͤhnlichen Wahnſinnes gehoͤrt, fuͤhlt der geiſtig Kranke vor dem Anfalle ein Brennen in der Gegend des groͤßten Gangliengeflechtes am Magen, hierauf einen wilden Andrang des Blutes nach dem Kopfe, und nun hat er noch kaum Zeit die geliebten Perſonen, die ihn umgeben, zur ſchnellſten Flucht zu ermahnen, wodurch ſie allein den Ausbruͤchen ſeiner Mordwuth entgehen koͤnnen. *a)
In
*)Reil, S. 170 — 172.
**) Cox, Seite 124 in der Note.
***)Reil, S. 96.
*a)Reils Rhapſodien, Seite 391 und 392.
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liche Subſtanzen, bey manchen Perſonen die bloße
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bey andern das Hinausgehen aus der gewoͤhnlichen
Umgebung **) ſelbſt die nuͤchternſte Beſonnenheit zur
Narrheit machen. Jene ſiebenzigjaͤhrige Alte, die
an einer Verſtopfung litt, welche anderer Umſtaͤnde
wegen nur an jedem ſechsten. Tage kuͤnſtlich gehoben
werden konnte, war jedesmal in den erſten Tagen
nach der Oeffnung ganz verſtaͤndig, ſich ihrer ganz
bewußt, darauf trat eine Zeit ein, wo ſie ſich nur
noch der vergnuͤgteſten Periode ihres Lebens, der Jah-
re der erſten Liebe, zwiſchen zwanzig und dreyßig er-
innerte, dann erloſchen auch dieſe Erinnerungen, ſie
war im tiefen Bloͤdſinn ſich ihrer nicht mehr bewußt,
fragte nur noch zuweilen nach den erſten Pflegern ih-
rer Kindheit, nach ihren verſtorbenen Eltern. ***)
Selbſt bey den Anfaͤllen jener fuͤrchterlichen Mordluſt,
die mit Bewußtſeyn verbunden, dennoch zu den Ab-
arten des gewoͤhnlichen Wahnſinnes gehoͤrt, fuͤhlt der
geiſtig Kranke vor dem Anfalle ein Brennen in der
Gegend des groͤßten Gangliengeflechtes am Magen,
hierauf einen wilden Andrang des Blutes nach dem
Kopfe, und nun hat er noch kaum Zeit die geliebten
Perſonen, die ihn umgeben, zur ſchnellſten Flucht zu
ermahnen, wodurch ſie allein den Ausbruͤchen ſeiner
Mordwuth entgehen koͤnnen. *a)
In
*) Reil, S. 170 — 172.
**) Cox, Seite 124 in der Note.
***) Reil, S. 96.
*a) Reils Rhapſodien, Seite 391 und 392.
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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/127>, abgerufen am 16.02.2025.
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